Die Internationale Energieagentur (IEA), vor 50 Jahren als Gegengewicht zur Opec gegründet, hat in der vergangenen Woche ihre Prognose für die weltweite Nachfrage nach Rohöl gesenkt. Daraufhin rutschten die Ölpreise zeitweilig ab. Doch die angespannte Situation im Nahen Osten sorgt für eine Preisstabilisierung. Auch charttechnisch wird es nun spannend.
Die IEA rechnet für 2024 mit einem Anstieg der globalen Nachfrage um durchschnittlich 1,2 Millionen Barrel pro Tag. Das ging aus dem am Donnerstag veröffentlichten Monatsbericht des Interessenverbands westlicher Industriestaaten hervor. Damit dürfte das Wachstum nur etwa halb so stark ausfallen wie im vergangenen Jahr. Die Energieagentur verwies dabei auch auf einen erheblichen Rückgang der chinesischen Nachfrage. Die Ölpreise tauchten daraufhin kurzzeitig ab, das Barrel Brent-Rohöl kostete am Spotmarkt zeitweilig nur noch 81 Dollar.
Laut IEA ist das Angebot im Januar im Monatsvergleich um 1,4 Millionen Barrel pro Tag gefallen. Als Gründe nannte die IEA eine witterungsbedingte Schließung von Förderanlagen in Nordamerika und eine Förderkürzung durch Ölstaaten, die sich im Verbund Opec+ zusammengeschlossen haben. Im weiteren Verlauf des Jahres sei jedoch mit einem kräftigen Anstieg der Fördermenge zu rechnen. So erwartet der Verband unter anderem eine rekordhohe Ölproduktion in den USA. Für das gesamte Jahr 2024 sei daher mit einem Anstieg des globalen Angebots um durchschnittlich 1,7 Millionen Barrel pro Tag auf 103,8 Millionen Barrel zu rechnen.
Bis zum Freitag erholten sich die Notierungen am Terminmarkt wieder. Die Sorge um eine Eskalation der Lage im Nahen Osten stützte die Ölpreise. Israel hält trotz internationaler Kritik an einer geplanten Militäroffensive auf die Stadt Rafah im Süden des abgeriegelten Gazastreifens fest. In der Stadt befinden sich Hunderttausende Geflüchtete.
Unterm Strich legten die Ölpreise in der vergangenen Woche um gut zwei Prozent zu. Neben den geopolitischen Spannungen stützten auch die Bemühungen der Opec+, das Ölangebot einzuschränken. Am Montag-Mittag halten sich die Notierungen für Rohöl stabil. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im April kostet etwa 83,40 US-Dollar, der Preis für ein Fass der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur März-Lieferung schwankt bei 78,50 Dollar.
Das Handelsvolumen ist aufgrund des Feiertags in den USA (President's Day) niedrig. Daran ändert auch die Rückkehr der Chinesen nach der Feiertagswoche wegen des Neujahrsfestes wenig.
Der kurzfristige Ausblick wird von Experten unterschiedlich gesehen. Sollte die Opec+ ihre freiwilligen Zusatzkürzungen nach dem bisher vereinbarten März-Termin nicht fortsetzen, wird eine veritable Überversorgung provoziert, schreiben die Experten von "esyoil.com". Die Summe aller Kürzungen der Allianz, mit Abkommen geregelte und freiwillige, ließen ihre Reservekapazitäten auf die beeindruckende Leistung von 6,4 Millionen Barrel pro Tag ansteigen. Damit könnte man problemlos alle denkbaren Produktionsstörungen ausgleichen. Nicht zuletzt dieser Umstand vermag von Krieg und Scharmützeln aufgerüttelte Börsianer immer wieder zu besänftigen.
Die Öl-Spekulanten sehen nach der Rückeroberung der 200-Tage-Linie (bei etwa 8,2,50 Dollar) beim Brent-Öl nun eine vorübergehende Seitwärtsspanne, die auf der Oberseite bei 84,50 Dollar von einer Widerstandslinie begrenzt wird. Ein Ausbruch nach unten träfe wohl bereits bei knapp 80 Euro auf Unterstützung in Form der 50-Tage-Linie.
Für Verbraucher ergibt sich dadurch eine recht zuverlässige Prognose für die Heizöl-Preise. Der seit Ende Dezember zu beobachtende Seitwärtstrend zwischen etwa 102 und 106 Euro pro 100 Liter Heizöl (bei Abnahme von 3.000 Litern) dürfte sich in den kommenden Wochen noch fortsetzen. Wer Heizöl nachtanken muss, findet derzeit recht günstige Konditionen.
(Mit Material von dpa-AFX)
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