Wie schon im laufenden Jahr wird auch für 2023 ein globaler Angebotsüberschuss bei Platin erwartet. Zudem drückt der Wandel in der Automobilindustrie die Nachfrage nach dem Edelmetall. Von Petra Maier
Die Luft ist einfach zu schlecht. Nach Berlin, Hamburg, Stuttgart und einigen anderen Städten führt nun auch München ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge auf bestimmten Strecken ein. Die Abgase vor allem von älteren Dieselfahrzeugen ist die Hauptquelle für die hohen Stickoxide in der Luft. Daran ändern auch die Katalysatoren wenig. Gemäß dem Umweltbundesamt sind nur Autos ohne Verbrennungsmotor wirklich sauber. Tatsächlich setzen sich Fahrzeuge mit alternativen Antrieben, allen voran Elektromotoren, nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa immer schneller durch.
Deswegen sinkt Platin weiter
Auf sehr lange Frist wird sich das auch bei der Nachfrage nach Platin bemerkbar machen. Die Automobilindustrie ist mit mehr als 50 Prozent der Hauptabnehmer für das silberfarbige Edelmetall. Platin wird in Katalysatoren vor allem bei Dieselmotoren verbaut. Der gesamte Automobilsektor befindet sich strukturell im Umbruch. Gefragt sind alternative Antriebssysteme. Der Absatz neuer Dieselfahrzeuge ist auf dem Rückmarsch, langfristig dämpft das die Preisfantasie am Platinmarkt.
Dazu kommt eine schwache Nachfrage vonseiten der Anleger. Wie bei anderen Edelmetallen hemmen die steigenden Zinsen und der Dollar die Nachfrage. Der starke Dollar reduziert die Kaufkraft von ausländischen Investoren, die aktuell eher Gewinne mitnehmen als neue Investments eingehen. Ein Beleg dafür sind die rückläufigen Bestände von Exchange Traded Funds auf Platin. Dem World Platinum Investment Council (WPIC) zufolge sind zwischen April und Juni 89.000 Unzen Platin aus den ETF-Märkten abgeflossen. Das WPIC erwartet für das gesamte Jahr 2022 einen Rückgang der ETF-Bestände um 550.000 Unzen.
Noch stützt China den Preis
Ein Großteil des Metalls ging wohl nach China, das in den vergangenen Monaten durch umfangreiche physische Ankäufe auffiel. China hat strenge Abgasregeln. Ein Großteil des Metalls wird wohl in Katalysatoren für schwere Nutzfahrzeuge verbaut. In der Summe haben die außergewöhn lich starken Käufe, die deutlich über der ermittelten Nachfrage liegen, die Abflüsse aus den Fondsbeständen wettgemacht. Noch stärkt China mit seinen Käufen den Platinmarkt. Fällt dieser Faktor weg, ent fällt diese wichtige Preisunterstützung.
Der Markt ist überversorgt. Das WPIC rechnet für 2022 mit einem Überangebot von 974.000 Unzen. Auch im Jahr 2023 wird der Prognose zufolge mehr Platin an geboten als nachgefragt. Aktuell geht der Branchenverband von einem Marktüberhang von 500.000 Unzen aus. Die Rohstoffexperten der Commerzbank haben ihre Preisprognose für Platin nach unten angepasst. Mutigen bietet das die Chance, mit Hebel mitzuverdienen.
Dieser Artikel erschien zuerst in BÖRSE ONLINE 46/2022. Hier erhalten Sie einen Einblick ins Heft.