Silberpreis: Die Profis sind ratlos
· Börse Online RedaktionAn den Terminmärkten übertreffen die Umsätze mit Futures und Optionen den physischen Silberhandel in der Regel um ein Vielfaches und wirken sich dadurch normalerweise besonders stark auf den Preis für das mit Abstand günstigste Edelmetall aus. Deshalb verfolgen die Akteure an den Silbermärkten den im wöchentlichen Rhythmus veröffentlichten Stimmungsbericht der US-Aufsichtsbehörde CFTC besonders aufmerksam. Er zeigt nämlich auf, welche aktuellen Entwicklungen an der Terminbörse Commodity Exchange (Comex) hinsichtlich Silber-Futures im Vergleich zur Vorwoche registriert wurden. Anleger erfahren unter anderem, wie sich das allgemeine Interesse an Silber-Futures entwickelt hat, welches durch die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) zum Ausdruck kommt. Zur Erklärung: Einem Silber-Future liegen zumindest in Papierform 5.000 Feinunzen Silber zugrunde. Viel stärker achten Anleger beim Commitments of Traders-Report aber darauf, welche Transaktionen die unterschiedlichen Gruppen von Marktakteuren im Vergleich zur Vorwoche getätigt haben. Daraus lässt sich nämlich die aktuelle Stimmung der kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) ablesen und man erkennt auf einen Blick, wer optimistischer, wer skeptischer und wer pessimistischer geworden ist.
An den Terminmärkten hat sich auf Monatssicht ziemlich viel getan. Während dieses Zeitraums hat sich zum Beispiel das allgemeine Interesse an Silber-Futures, welches durch die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) zum Ausdruck kommt, von 194.700 auf 207.600 Futures (+6,6 Prozent) erhöht. Als besonders auffällig erwies sich jedoch der innerhalb von vier Wochen zu beobachtende markante Anstieg der kumulierten Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt). Sie hat sich seither nämlich von 12.000 auf 37.300 Futures mehr als verdreifacht. Besonders auffällig: Große Terminspekulanten (Non-Commercials) haben innerhalb dieses Zeitraums ihre Netto-Short-Position (Pessimismus überwiegt) von minus 7.200 Kontrakte in eine Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) von 19.500 Futures umgewandelt und dadurch einen massiven Stimmungswechsel vollzogen.
Kleine Terminspekulanten (Non-Reportables) sind während dieser vier Wochen hingegen skeptischer geworden und haben ihre Netto-Long-Position von 19.200 auf 17.800 Futures (-7,3 Prozent) zurückgefahren. Nun darf man gespannt sein, wessen Einschätzung sich als rentabler erweisen wird. Grundsätzlich kann man aber feststellen, dass der Silberpreis auf die Transaktionen der Terminspekulanten recht "cool" reagiert hat und seinen Seitwärtstrend unbekümmert fortgesetzt hat. Diese "Coolness" schlägt sich auch in einer historisch niedrigen Volatilität nieder. Lag der CBOE-Silber-Volatilitätsindex vor drei Jahren zeitweise über 45 Prozent ist er mittlerweile auf 17,7 Prozent eingebrochen. Wer in Silber vor allem einen Vermögensschutz sieht, dürfte dies sehr entgegenkommen.
Auf Seite 2: Stabiler Seitwärtstrend bei Silber
Seit dem Jahreswechsel pendelte er in einer relativ engen Bandbreite zwischen 16,20 und 17,60 Dollar. Eine ausgesprochen robuste Unterstützungszone verläuft im Bereich von 16,20 bis 16,40 Dollar. Falls dieser Boden verletzt wird, droht chartinduzierter Verkaufsdruck, der ein Abwärtspotenzial bis zur nächsten Unterstützung eröffnen würde. Diese ist bei 15,70 Dollar angesiedelt und erwies sich im Dezember 2016, im Juni 2017 sowie im Dezember 2017 als Wendepunkt nach oben.
Den Blick nach oben gerichtet fällt auf, dass der Silberpreis nur noch knapp unter der bei 16,60 Dollar verlaufenden mittelfristigen 100-Tage-Linie bzw. der bei 16,80 Dollar angesiedelten langfristigen 200-Tage-Linie notiert. Sollten diese Durchschnittslinien markant überwunden werden, wäre dies als charttechnische Kaufsignale zu werten. Doch als sonderlich zuverlässig haben sich diese in der Vergangenheit eher nicht erwiesen. Seit Anfang 2017 wurde nämlich die 200-Tage-Linie zehnmal mehr oder weniger stark überwunden und jedes Mal erwies sich das Einstiegssignal als Fehlsignal. Angesichts der geopolitischen Risiken, der ungewissen Perspektiven des Welthandels und angesichts des Risikofaktors Italien kann Silber trotz der Seitwärtsflaute des Preises weiterhin glänzen.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.