Gold gilt gemeinhin als sicherer Hafen in Krisenzeiten und als gutes Investment, wenn die Inflation hoch ist. So gesehen müsste jetzt das optimale Umfeld für das Edelmetall herrschen. Denn der Krieg in der Ukraine dauert unvermindert an, gleichzeitig gehen die Preise für Energie und Lebensmittel durch die Decke. Doch sind die Goldpreise zuletzt angestiegen? Nein, das Gegenteil ist der Fall. Von Andreas Hohenadl
Während der Preis für das Edelmetall Anfang März – kurz nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine – noch bei rund 2.050 US-Dollar lag, ging es seitdem um 18 Prozent auf aktuell rund 1.660 Dollar abwärts.
Das sind die Gründe für den Gold-Absturz
Was sind die Gründe? Zunächst einmal ist festzustellen, dass die US-Notenbank Fed mit ihrer Politik der aggressiven Zinserhöhungen aktuell alle Marktsegmente aufwühlt. Auch in dieser Woche wird ein großer Zinsschritt erwartet. Viele Investoren, die derzeit nach sicheren, „langweiligen“ Anlagemöglichkeiten suchen, kaufen in dieser Phase Staatsanleihen statt Gold. Staatsanleihen haben gegenüber Gold zudem den Vorteil, dass es bei diesen Papieren regelmäßige Zinszahlungen gibt. „Der Ausblick für das Edelmetall bessert sich so lange nicht, solange die Fed weiter die Zinsen anhebt“, sagt Tai Wong, Händler bei Heraeus Precious Metals in New York.
Die Preisprognosen für Gold
Ein weiterer Grund für den schwächelnden Goldpreis ist die Stärke des US-Dollar. Der Greenback gilt wie das Edelmetall als sicherer Hafen in turbulenten Zeiten und erfreut sich deshalb – und wegen des Zinsvorteils etwa gegenüber dem Euro – starker Nachfrage. Ein starker Dollar aber macht Gold für Käufer, die nicht in dieser Währung bezahlen, teuer und dämpft deren Nachfrage. Die Analysten der US-Bank JP Morgen Chase jedenfalls setzen keine großen Hoffnungen in Gold und rechnen mit durchschnittlichen Notierungen von 1.650 US-Dollar pro Feinunze im vierten Quartal. Erst für Ende 2023 erwarten sie Preise um 1.820 Dollar, da die Fed ihrer Überzeugung nach im kommenden Jahr das Tempo der Zinserhöhungen drosseln wird. Das werde für einen Rückgang der Anleiherenditen und einen schwächeren US-Dollar sorgen. Gold könnte dann wieder stärker gefragt sein.