Die Nachfrage nach dem Halbleitermetall Zinn wird steigen. Schon ist der Markt unterversorgt und besonders anfällig für geopolitische Krisen. Langfristig schlägt sich das in höheren Preisen nieder.
Die von Opa geerbten alten Zinnkrüge haben nicht nur als Erinnerungsstücke im Regal einen ideellen Wert. Der Materialwert ist auch nicht zu verachten. Und einiges spricht dafür, dass der noch steigen könnte.
Auf dem Zinnmarkt kam es auf jeden Fall zu einer regelrechten Preisexplosion. Anfang April sprang der Preis auf über 38.000 Dollar für eine Tonne. Das war der höchste Stand seit 2022. Damals erreichte der Zinnpreis in der Spitze sogar mehr als 50.000 Dollar, weil Indonesien als einer der größten Zinnförderer den Export stark einschränkte. Aktueller Anlass für den Preissprung war das schreckliche Erdbeben Ende März in Myanmar. Das Land ist der drittgrößte Förderer von Zinn und wichtigster Lieferant von China. Ein Großteil der Bergwerke befindet sich in der Region Wa, einige Hundert Kilometer vom Epizentrum des Erdbebens entfernt. Nach dem ersten Schrecken ist etwas Ruhe eingekehrt. Die Preisspitze ist abgebröckelt. Zinn notiert wieder auf dem Niveau um 30.000 Dollar wie vor der Naturkatastrophe.
Zinn: Angebot ist knapp
Doch von einer Entwarnung kann nicht die Rede sein. Die Provinzregierung in Wa hatte 2023 den Bergbau ausgesetzt und wollte diesen in Kooperation mit Firmen wieder reaktivieren. Das Erdbeben könnte nun dem Hochlauf der Minen einen Strich durch die Rechnung gemacht haben. Dadurch dürfte das weltweite Angebot weiterhin sehr eng bleiben. Tatsächlich zeigten die Produktionszahlen Myanmars vom letzten Jahr einen deutlichen Rückgang von fast 50 Prozent. Die Auswirkungen des Verbots sind schwerwiegender und länger anhaltend als angenommen. Zudem bleibt unklar, wie es in dem vom Bürgerkrieg gezeichneten Land weitergeht.
Weltweit werden rund 14 Millionen Tonnen Zinn verbraucht. Dabei geht rund ein Drittel als Lötzinn in die Elektroindustrie, ein Drittel wird für Weißblech und ein Drittel für Chemikalien und Pigmente genutzt. Außerdem kommt Zinn in Legierungen zum Einsatz. Die Hersteller von Supramagneten verschmelzen Zinn mit Niobium. Die Stahlindustrie setzt das Metall Stählen zu, die in salzhaltigen Umgebungen wie Küstenregionen die Korrosion verhindern. Unterm Strich übertrifft der Bedarf des breit einsetzbaren Rohstoffs das Angebot. Der Branchenverband International Tin Association (ITA) meint, dass das Minenangebot die Nachfrage um 16 Prozent unterschreite.
Anleger können über ETCs langfristig an einem steigenden Zinnpreis mitverdienen. Die vorgestellten Produkte basieren auf den Future-Kontrakten an der Londoner Metallbörse und bilden die Preisentwicklung des Rohstoffs ab. Der Zinnmarkt ist eine Nische, entsprechend klein sind die Fondsvolumen.

Übrigens: Dieser Artikel erschien zuerst in der neuen Print-Ausgabe von BÖRSE ONLINE. Diese finden Sie hier