Schwergewichte wie Elliott oder Jana Partners steigen immer dann ein, wenn sie Chancen auf einen Vervielfacher ihres Einsatzes sehen. Wo Anleger mit einsteigen sollten – und wo besonders hohe Kurschancen winken
Wie bei Elon Musk und Twitter: Die von Forward-Air-Chef Tom Schmitt gestartete Über nahme des US-Konkurrenten Omni Logistics lief nach ähnlichem Drehbuch ab wie das Börsenabenteuer des Tesla-Chefs beim Kauf des Kurznachrichtendiensts. Auch Schmitt agierte nach eigenen Regeln. Er hielt es für überflüssig, den Deal und die Konditionen von den Aktionären des US- Logistikers absegnen zu lassen. Die Quittung dafür, der Ärger der übergangenen Anteilseigner, löste an der Börse ein Drama mit herben Wertverlusten aus. Es wurde noch schlimmer, als Schmitt im Oktober 2023 zurückruderte und den Deal absagen wollte: Omni drohte mit Klage.
Der Börsenwert von Käufer Forward Air schrumpfte noch schneller. Dass Schmitt im Januar gelang, was Musk bei Twitter nicht schaffte, nämlich für den Abschluss der Übernahme deutlich günstigere Konditionen zu verhandeln, nahmen Börsianer nicht zur Kenntnis. Schmitt verließ den Logistiker im Februar. Der Börsenkurs schrumpfte weiter -bis zum Tiefpunkt bei rund zehn Euro am 21. Mai. Seit dem Start der Übernahme im August hatte die Aktie neun Zehntel ihres Werts eingebüßt.
Logistiker mit Vervielfacher-Potenzial
Die Trendwende setzte erst ein, als der New Yorker Hedgefonds Irenic Capital Management am 28. Mai seinen Anteil von fünf Prozent an Forward Air öffentlich gemacht hatte. Perfektes Timing des neuen Anteilseigners: Der Kurs des arg gebeutelten Logistikers zog deutlich an und bleibt auf Erholungskurs. Irenic fordert weitere Änderungen im Management, einen möglichen Verkauf von Forward Air oder der erst im Januar für 3,2 Milliarden Dollar übernommenen Omni Logistics.
Forward, auf kleine Frachten zwischen Flughäfen spezialisiert, will sich mit Omni breiter aufstellen. Zusammen sollten die beiden Firmen 2024 rund 2,5 Milliarden Dollar erlösen. 2023 schaffte Forward Air 1,4 Milliarden Umsatz.
Tempomacher Irenic kann nun bei dem US-Logistiker den Neustart koordinieren. Nach eigenen Angaben haben die New Yorker auch Finanzinvestoren auf ihrer Liste, die bei Bedarf bereit wären, einen deutlichen Aufschlag auf den Börsenwert des gebeutelten Logistikers zu zahlen.
Finanzinvestor Clearlake Capital, mit knapp 14 Prozent bei Forward Air zweitgrößter Anteilseigner nach Vermögensverwalter Blackrock, würde darauf achten. Die Aktie hat Vervielfacher-Potenzial.
Irenic, 2021 von Adam Katz, einem ehemaligen Portfoliomanager bei Paul Singers legendärem Hedgefonds Elliott Management, mitgegründet, wurde schon ein Jahr nach dem Start ein Star, als es dem Novizen in der Gilde der Firmenjäger beim Medienimperium News Corp. in einer Allianz mit Anteilseignern gelang, News Corp.s Verschmelzung mit der Tochterfirma Fox zu verhindern.
Der Einfluss erfolgreicher Hedgefonds
Es sind Chancen wie bei News Corp. oder Forward Air, die Firmenjäger wie Irenic suchen. Paul Singers Elliott Management ist einer der erfolgreichsten in der Zunft der Hedgefonds. Singer nutzt nicht nur Fehler bei Vorständen als Investmentchance, sondern bei Staatsanleihen auch Verfehlungen von Regierungen. So gelang es Elliott 2016, nach 15 Jahren Verhandlungen mit Argentiniens Regierungen, als Besitzer von Staatsanleihen des südamerikanischen Landes mit 2,4 Milliarden Dollar entschädigt zu werden.
Der Coup stärkte Elliotts Renommee an den Kapitalmärkten. Der heute 79-jährige Singer startete die nach seinem zweiten Vornamen benannte Firma 1977 und verwaltetet heute knapp 60 Milliarden Dollar Vermögen. Für seine Milliarden und jene seiner Kunden - institutionelle Anleger wie vermögende Familien, Pensionskassen oder Versicherungen -bieten sich regelmäßig Chancen mit hohen Renditen: Unternehmen, bei denen Vorstände von Entwicklungen in den Märkten überrascht werden; wenn sich Prognosen für einige Unternehmen, vor allem in von Technologien geprägten Märkten, als zu optimistisch erweisen; Strategien, die nicht funktionieren, oder in Märkten, wie aktuell Japan und Korea (siehe S. 40), wo Konzernstrukturen nun auf den Prüfstand kommen wie einst Konglomerate in Europa und Amerika. Vor den großen Firmenjägern wie Elliott sind auch Börsenschwergewichte, die mit der Strategie ihres Vorstands in die Bredouille geraten, nicht sicher. Rund 16 Prozent der bis Ende März von Hedgefonds avisierten Ziele waren Konzerne mit mehr als 25 Milliarden Dollar Firmenwert. Vor vier Jahren lag der Anteil noch bei neun Prozent.
Auffällig ist auch, dass in diesem Jahr bisher ein Drittel der Beteiligungen von Hedgefonds in Asien - überwiegend Japan und Korea -stattfanden, knapp doppelt so viel wie im Vorjahr. Elliott ist beim japanischen Technologiebeteiligungskonzerns Softbank und bei Sumitomo, der größten und ältesten wirtschaftlichen Verbundgruppe Japans, an Bord. Beides sind schwierige Engagements, die Zeit und diplomatisches Fingerspitzengefühl erfordern, um die Chance auf Erfolg zu wahren.
Einfacher dürfte es bei Southwest Airlines laufen. Elliott erwarb Anteile im Wert von 1,9 Milliarden Dollar und fordert den Umbau des Vorstands und die Ablösung von Chef Bob Jordan durch einen externen Nachfolger. Der gute Ruf der texanischen Fluggesellschaft als besonders kundenfreundliches Unternehmen mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis hat stark gelitten. Vor Corona lieferte diese Beliebtheit der Airline 47 erfolgreiche Jahre. Dann beschädigte ein dramatischer Einbruch des Geschäfts während der Urlaubssaison 2022 das Image der Airline, auch weil die technischen Systeme des Konzerns überfordert waren. Bob Jordan ist seit Februar 2022 an der Spitze. Seit dem Hoch im April 2021 hat sich der Börsenwert halbiert. Aktuell ein Handicap für Southwest ist die Fokussierung auf den US-Markt und die Flotte, ausschließlich Jets von Boeing. Zahlreiche Verspätungen sind die Folge.
Eingestiegen ist Elliott auch bei Südafrikas Minenriesen Anglo American, der nach Verfehlungen des Vorstands nun ein attraktives Übernahmeziel ist. Er bietet ein Portfolio wertvoller Kupferminen, Eisenerz sowie Diamanten (Händler De Beers) und Metallen der Platin-Gruppe. Beides haben nur wenige Konkurrenten im Portfolio. Das Südafrika-Geschäft (Platin und Eisenerz) schreckt einige potenzielle Interessenten ab. Bieter BHP scheiterte mit seiner Offerte, wohl auch weil er auf einer Abspaltung dieses Geschäfts besteht.
Wegen der niedrigen Bewertung und hoher freier Mittelzuflüsse, die auch für Aktienrückkäufe und Dividenden genutzt werden können, sind die Aktien einiger Betreiber von Casinos, Glücksspielen und Sportwetten in Amerika für Hedgefonds derze t unwiders ehlich. Hedgefonds-Veteran Carl Icahn kaufte sich bei Caesars Entertainment ein, die Donerail Group bei Penn Entertainment. Bei Caesars liegt das Kurs-Ebitda-Verhältnis für 2024 knapp über acht, am unteren Ende der Spanne zwischen acht und 17 seit Ende 2020. Penn, mit deutlich stärkerem Kursrückgang, notiert mit einem Kurs-Ebita-Verhältnis von knapp sechs in der Spanne von fünf bis 15 seit 2020. Die Cashflow-Renditen, also die Verhältnisse zwischen Börsenwert und den für 2025 geschätzten freien Mittelzufluss, liegen wiederum sehr hoch: 21 Prozent bei Caesars und 12 Prozent bei Penn.
Beim Chipkonzern Wolfspeed meldete Jana Partners im April einen Anteil im Wert von 2,8 Milliarden Dollar. Wie bei Hedgefonds üblich, drängt der Großaktionär den Vorstand in einem Brief zu großen Veränderung im Unternehmen einschließlich eines möglichen Verkaufs.
Wolfspeed, dessen Kauf durch Infineon, die US-Behörden 2017 untersagt hatten, ist mit Siliziumcarbid-Chips in einem begehrten Zukunftsmarkt. Die Chips sind Siliziumhalbleitern in vielen Anwendungen, darunter bei Elektroautos, Solar-und Windparks, überlegen und deshalb dort auch die nächste Generation der begehrten Leistungshalbleiter. Sie regeln höhere Spannungen, verbrauchen deutlich weniger Energie. Wolfspeed, so scheint es, hat sich in dem Markt jedoch zu breit aufgestellt. Erst 2027 könnte die Gewinnschwelle erreicht werden.
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