RWE, E.ON und Vattenfall fordern Schadenersatz in insgesamt zweistelliger Milliardenhöhe für den beschleunigten Atomausstieg. "Wir schätzen unsere Erfolgsaussichten in diesem Prozess nicht so ein, dass wir Angst vor einem Richterspruch haben müssten. Im Gegenteil", sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person aus Kreisen der Bundesregierung. "Wenn RWE und E.ON die Klagen zurücknehmen wollen, sollen sie es tun."
RWE-Chef Peter Terium und E.ON-Boss Johannes Teyssen trommeln seit Monaten für eine breite Lösung bei der Kernenergie-Abwicklung. Politik und Versorger hätten früher zusammen den Ausbau der Atomkraft vorangetrieben und müssten nun auch gemeinsam dafür geradestehen, sagen sie. Die ungeklärten Fragen lasten wie Blei auf den Konzernen, deren Aktienkurse eingebrochen sind. Die Bundesregierung hat eine Kommission eingesetzt, die bis Anfang kommenden Jahres Vorschläge machen soll, wie die Verschrottung der Meiler und die Entsorgung des Jahrtausende strahlenden Mülls organisiert werden kann. Am Mittwoch werden die Versorger dazu von dem Gremium angehört.
Auf Seite 2: ANTEILE AN URANFIRMA URENCO KÖNNTEN IN STIFTUNG FLIESSEN
ANTEILE AN URANFIRMA URENCO KÖNNTEN IN STIFTUNG FLIESSEN
"Wir wünschen uns, dass alles in einer Stiftung geregelt wird: Rückbau, Zwischenlagerung und Endlagerung", sagte der RWE-Insider. Die Konzerne seien bereit, ihre milliardenschweren Rückstellungen einzubringen, hieß es. Im Gegenzug wollen sie aber vor späteren Zusatzkosten, etwa für eine womöglich noch Jahrzehnte dauernde Suche nach einem Atommüllendlager, geschützt werden. Das sei ein neuralgischer Punkt. RWE stehe zu seinen Verpflichtungen. "Wir haben rund 10,4 Milliarden Euro an Kernenergierückstellungen in unserer Bilanz stehen, für Rückbau und Entsorgung." Ingesamt belaufen sich die Rückstellungen der vier AKW-Betreiber in Deutschland - RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall - auf mehr als 38 Milliarden Euro.
In eine Stiftung könnten die Kernkraftwerke eingebracht werden, so lange diese noch betrieben würden, sagte der Insider.
RWE könne zudem Vermögenswerte einfließen lassen, zum Beispiel Bargeld oder Minderheitsbeteiligungen. Dazu gehöre auch die Beteiligung an der Uranfirma Urenco. "Hier gibt es ja auch eine inhaltliche Überschneidung mit dem Nuklear-Thema", hieß es aus RWE-Kreisen. Die Essener halten mit E.ON zusammen ein Drittel der Anteile an der Firma. Auch bei E.ON gibt es Gedankenspiele, die Urenco-Anteile in eine Atomstiftung einzubringen. "Das wäre eine gute Lösung für alle Beteiligten", sagte eine mit den Überlegungen vertraute Person. Die Konzerne wollen ihr Paket schon länger verkaufen.
Im Extremfall könnten laut dem RWE-Insider auch Aktien der Versorger eingebracht werden. "Letztlich muss das aber im Dialog mit der Politik geklärt werden." Im Hauruck-Verfahren sollten die Mittel aber nicht übertragen werden. "Für uns macht es einen Riesenunterschied, ob so etwas in einem Jahr oder in sieben Jahren erfolgen müsste." Möglich wäre etwa ein Transfer bis 2022, wenn die letzten AKW in Deutschland vom Netz gehen sollen.
Reuters