Nur Autos der seit September 2014 geltenden neuesten Abgasnorm Euro-6 wären ausgenommen. Vier von fünf Autos wären damit betroffen. Während das Bundesverkehrsministerium und die Autobranche Fahrverbote kritisierten, äußerte das Umweltministerium Verständnis und sieht die Autobauer am Zug. Das Kanzleramt erklärte, die Luftbelastung sei zu hoch. Gespräche auf allen Ebenen liefen.

BMW, dessen Konzernsitz in München liegt, kritisierte die Fahrverbote. Es gebe intelligentere Maßnahmen als Verkehrsbeschränkungen. Dazu gehöre etwa der Ausbau der Elektromobilität. "Wenn wir die Luftqualität in den Städten verbessern wollen, dann ist es besser, Anreize für nachhaltige Mobilität zu schaffen, als Fahrverbote auszusprechen", sagte ein Firmensprecher. Auch der Branchenverband VDA lehnt Fahrverbote ab. Stattdessen könnte ein gleichmäßiger Verkehrsfluss mit der grünen Welle die Emissionen um fast ein Drittel senken. Auch sollen sich Verkehrsbetriebe und Taxiunternehmen neue Busse und Autos anschaffen, rät der VDA. Die Autokonzerne argumentieren, dass sie den Umschwung zur Elektromobilität ohne die Erlöse aus dem Verkauf von Dieselautos nicht schaffen könnten.

Die Verunsicherung der Verbraucher wegen der Diskussion über Fahrverbote schlägt sich seit Monaten in sinkenden Verkaufszahlen von Autos mit Selbstzünder nieder. Der Dieselanteil bei den Neuzulassungen schrumpfte zuletzt auf 40,4 Prozent. BMW hat mit rund 70 Prozent des Absatzes den höchsten Dieselanteil. Entsprechend lagen Aktien von BMW, VW und Daimler am Mittwoch im Minus.

Der Verband Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat gegen die Luftreinhaltepläne von mehr als zwei Dutzend Städten vor Verwaltungsgerichten geklagt, weil auch dort die Grenzwerte für giftiges Stickoxid nicht eingehalten werden. Im Rechtsstreit über München will die DUH auch auf einen Bann für Euro-6-Diesel dringen. "Die Städte tun alles, um Fahrverbote zu vermeiden", erklärte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy. Schließlich wollten sie den Verkehr nicht lahmlegen. Aber wenn sich die Stickoxid-Grenzwerte weiterhin nicht einhalten ließen, seien begrenzte Fahrverbote zu befürchten. Düsseldorf hat eine Entscheidung darüber, ob Städte Fahrverbote überhaupt verhängen können, dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig vorgelegt. CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen, die demnächst regieren, hatten sich im Wahlkampf gegen Fahrverbote ausgesprochen.

VORREITER STUTTGART



Am weitesten fortgeschritten sind die Pläne für ein Diesel-Fahrverbot in Stuttgart. Wegen der Lage der Stadt im Talkessel sind die Belastungen dort besonders hoch. Ab 2018 sollen an Tagen mit hoher Feinstaub-Belastung Beschränkungen für Fahrzeuge gelten, die die Euro-6-Norm nicht einhalten. Mit den Einschränkungen will das von den Grünen regierte Baden-Württemberg den Druck auf die Autoindustrie erhöhen, ältere Dieselwagen nach Euro-5-Norm nachzurüsten. Die Industrie hat in Verhandlungen mit dem Land eine Nachrüstlösung vorgeschlagen, mit der ein Fahrverbot überflüssig werden könnte. Offen ist jedoch, wer die Kosten übernimmt.

Das federführende Bundesverkehrsministerium sieht die Rechtslage aber als ausreichend an. "Fahrverbote sind der falsche politische Ansatz", sagte ein Sprecher. Diese belasteten auch die Wirtschaft. Besser sei es, Fahrzeuge, die wie Taxen, Busse oder Behördenfahrzeuge ständig in der Stadt unterwegs seien, mit sauberen Antrieben auszurüsten. Die Verantwortung liege bei Ländern und Kommunen. Pläne für die von den Ländern seit Monaten geforderten Gespräche an einem runden Tisch unter Führung des Ministeriums seien ihm nicht bekannt, sagte er.

Das Umweltministerium betonte dagegen, die Diskussion sei nicht abgeschlossen. Die Industrie sei in der Pflicht ihre Fahrzeuge abgasärmer zu machen: "Es geht um das Gebot sauberer Luft." Die Sprecherin von Kanzlerin Angela Merkel, Ulrike Demmer, betonte daraufhin, allen Beteiligten sei bewusst, dass die Stickoxid-Belastungen zu hoch seien. "Deswegen laufen auf allen Ebenen Gesprächen, wie man die Belastungen in den Städten reduzieren kann."

rtr