Für Chemtura greift Zachert tief in die Kriegskasse: Noch nie zuvor hat die Gesellschaft, die 2005 von Bayer abgespalten wurde, so viel für eine Übernahme ausgegeben. Nach Einschätzung von Analysten ist der Preis aber angemessen, zudem passe das Unternehmen gut zu Lanxess. Der bislang größte Zukauf war 2010 das Spezialkautschukgeschäft der niederländischen DSM für rund 310 Millionen Euro. Gerade das Kautschukgeschäft, das unter Überkapazitäten und Preisverfall leidet, hatte Lanxess in der vergangenen Jahren aber zu schaffen gemacht.
Zachert, der 2014 das Ruder von seinem Vorgänger Axel Heitmann übernommen hatte, brachte den Konzern deshalb mit einem Sparprogramm wieder auf Kurs. Das schwächelnde Geschäft mit synthetischem Kautschuk, in dem die Rheinländer Weltmarktführer sind, wurde in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem saudischen Ölgiganten Saudi Aramco eingebracht. Die Einnahmen daraus wollte Zachert auch für Zukäufe nutzen. Mit Chemtura macht er Lanxess noch unabhängiger vom Kautschukgeschäft. Die Amerikaner bieten Schmierstoffzusatzstoffe und synthetische Schmierstoffe an, die etwa in der Stromerzeugung und der Luftfahrt eingesetzt werden. Die Flammschutz-Zusatzstoffe des Unternehmens werden vor allem in der Bauindustrie zur Gebäudedämmung sowie in der Elektroindustrie genutzt. Für beide Bereiche erwartet Lanxess jährliche Wachstumsraten von drei bis vier Prozent.
MILLIARDEN-DEAL STATT AKTIENRÜCKKAUF
Die Chemtura-Aktionäre sollen von den Kölnern 33,50 Dollar je Aktie und damit einen Aufschlag von rund 19 Prozent auf den Schlusskurs vom Freitag erhalten. Lanxess zahlt damit für das US-Unternehmen ohne Schulden rund 1,9 Milliarden Euro. Die Übernahme, die bis Mitte 2017 abgeschlossen werden soll, will Lanxess im Wesentlichen über Unternehmens- und Hybridanleihen sowie aus bestehenden liquiden Mitteln finanzieren. Die Chemtura-Aktionäre und die Kartellbehörden müssen dem Zukauf noch grünes Licht geben. Zachert sagte, es gabe zwar Überlappungen zwischen beiden Firmen, er rechne aber nicht mit Schwierigkeiten bei den kartellrechtlichen Genehmigungen.
Die Zustimmung des Chemtura-Managements habe sich Lanxess in "harten, intensiven Verhandlungen" bereits gesichert. Mit den Investmentgesellschaften Gabelli und Southeastern, die zusammen fast 20 Prozent halten, hat Chemtura aber auch zwei aktivistische Investoren an Bord. Solche Anteilseigner schießen bei Übernahmen gerne einmal quer. Mit diesen Aktiopnären habe der Vorstand noch nicht gesprochen, sagte Zachert. Er zeigte sich aber optimistisch, dass seine Offerte als attraktiv bewertet werde und glaube nicht, dass andere mögliche Bieter ähnliches Synergiepotenzial bieten könnten. Gegengebote seien aber nicht auszuschließen.
Bis 2020 erwartet Lanxess aus der Transaktion Einsparungen von rund 100 Millionen Euro. Zum eigentlich geplanten Aktienrückkauf von 200 Millionen Euro werde es angesichts der Übernahme aber vorerst nicht kommen. Die Übernahme soll sich bereits im ersten Geschäftsjahr positiv auf das Ergebnis von Lanxess auswirken. Lanxess setzte 2015 mit rund 16.700 Mitarbeitern 7,9 Milliarden Euro um und erzielte einen bereinigten Betriebsgewinn von 885 Millionen. Chemtura beschäftigt weltweit rund 2500 Mitarbeiter. Das Unternehmen kam zuletzt auf einen Jahresumsatz von umgerechnet rund 1,5 Milliarden Euro bei einem bereinigten Betriebsgewinn (Ebitda) von 245 Millionen.
rtr