Amerikas Starinvestoren zeichnen ein düsteres Bild von der Wirtschaft im eigenen Land. Ob Carl Icahn, Ray Dalio oder Paul Singer - unisono warnen sie vor einer Krise. Zumindest für den Fall, dass die US-Notenbank beginnen sollte, die Zinsschraube kräftig anzuziehen.

Auf der Delivering-Alpha-Konferenz, veranstaltet vom Börsensender CNBC und vom Hedgefondsmagazin "Institutional Investor", waren deshalb Aktientipps dieses Jahr eher dünn gesät. Einzig Bill Miller, Gründer und Chef von LMM Investments, und der ehemalige Soros-Vertraute Robert Bishop, heute für seine eigene Firma Impala Asset Management tätig, wagten sich aus der Deckung und sprachen klare Kaufempfehlungen aus. Die übrigen Stars der Szene befürchten fallende Aktien- und Anleihekurse bei steigender Volatilität und raten Anlegern, sich Gold ins Depot (oder in den Safe) zu legen.

Politikverdrossenheit



Paul Singer von Elliott Management etwa sprach von "der größten Anleiheblase, die wir je gesehen haben". Nie zuvor in der Geschichte seien die Zinsen so niedrig gewesen. Der globale Markt für Derivate sei auf 700 Milliarden Dollar angeschwollen. Aktien und Anleihen könnten zur gleichen Zeit kollabieren. Er sieht die Gefahr einer steigenden Inflation bei gleichzeitig schwacher Wirtschaftsentwicklung. Die Politik habe ihre Hausaufgaben nicht gemacht, sagte Singer. Steuern, Handel und Bildung seien nicht reformiert worden. Und das Instrument der billigen Zinsen habe nicht zu mehr Wachstum geführt. "Was Sie getan haben, ist: Sie haben mehr versteckte Risiken geschaffen", wirft der Milliardär der Fed vor. "Es sind Risiken, die Anleger nicht genau kennen. Sie wissen nicht, was das für ihre Wertpapiere bedeutet. Ich glaube, es ist eine sehr gefährliche Zeit in der globalen Wirtschaft und auf den Finanzmärkten." Die Politiker in Washington seien arrogant. "Sie behandeln uns, als ob wir ignorante Kinder seien."

In Japan sei es besonders schlimm. Die japanische Notenbank sei unter den Top-Ten-Aktionären in 90 Prozent der dort gelisteten Aktiengesellschaften. "Das ist irre. Das ist verrückt. Das funktioniert nicht, aber sie machen einfach weiter." Angesichts der Unsicherheiten legte Singer den Teilnehmern der Konferenz im feinen Pierre-Hotel in New York, die bis zu 5000 Dollar fürs Ticket bezahlt hatten, Gold ans Herz. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass das Edelmetall ein gutes Wertaufbewahrungsmittel sei.

Singer erzählte, er habe während der Finanzkrise mit dem deutschen Finanzministerium gesprochen. In Berlin sei man etwas aufmerksamer gewesen als in Washington. Aber die richtigen Schritte habe man weder auf der einen noch auf der anderen Seite des Atlantiks eingeleitet. "Sie haben natürlich nichts gemacht. Auch die deutschen Politiker haben nichts getan."

Ray Dalio, der den weltgrößten Hedgefonds Bridgewater leitet, zog Parallelen zu den 30er-Jahren. "1929 hatten wir eine Blase wie 2008. Und wir hatten die Depression von 1929 bis 1932." Wie Singer warnt auch Dalio vor einer Leitzinserhöhung. Das könne eine Gefahr für die Märkte sein. Die Volatilität werde zunehmen, sagte Dalio, der sich als Fan einer breiten Streuung, aber auch von Gold und anderen Absicherungsinstrumenten outete.



Gratwanderung



Carl Icahn stimmte der Einschätzung seiner skeptischen Vorredner zu. "Ich glaube, das Umfeld ist sehr gefährlich. Es ist so, als ob du an einem Felsvorsprung entlangläufst. Vielleicht schaffst du es. Aber wenn du herunterfällst, bist du in Schwierigkeiten. Ich denke, das kann passieren", betonte der Inhaber von Icahn Enterprises.

Etwas mehr Optimismus verbreitete Stephen Schwarzman, Gründer und Chef der Private-Equity-Gruppe Blackstone. Er bezeichnete seine Branche als einen Gewinner der Niedrigzinsphase. Während Hedgefonds unter Mittelabflüssen litten, würden Private-Equity-Häuser mit frischem Geld überflutet. Schwarzman sammelte kürzlich von Pensionskassen fünf Milliarden Dollar für einen Fonds mit 20 Jahren Laufzeit ein. Die Börse sieht Schwarzman als "ein wenig teuer" an, wobei sein Unternehmen aber zu niedrig bewertet werde.

Der Chefanlageexperte der Pensionskasse UPS Group Trust, Brian Pellegrino, riet Anlegern, geduldig zu sein. Er rechnet fest mit einem Rücksetzer an den Börsen. "Wir brauchen eine Korrektur. Es wird passieren. Wir wissen nur nicht, wann." Pellegrino stellt Renditechancen von sechs bis acht Prozent in den kommenden fünf bis zehn Jahren in Aussicht. Anleger sollten in volatilen Phasen ihre Chancen nutzen. "Es gibt Chancen, wenn Sie sich schnell bewegen können."

Die Chefin der Vermögensverwaltung von JP Morgan, Mary Callahan Erdoes, betonte, dass es 10 007 Hedgefonds gebe, die seit drei Quartalen in Folge Abflüsse zu verzeichnen haben. "Das ist in Ordnung. Das Kapital geht woanders hin. Unser Job ist es, für andere Leute zu investieren, die für den Ruhestand sparen. Es geht darum, den Zinseszins arbeiten zu lassen und langfristig zu denken." Erdoes, die 2,3 Billionen Dollar verwaltet, betonte, die Menschen horteten Bargeldbestände, was verständlich sei. Sie hätten Angst, weil ihnen die Krise von 2008 noch in Erinnerung sei. Aufgabe der Profis sei es, einen Kontrapunkt zu setzen. "Wir brauchen Volatilität. Wir sehen Signale, dass sie kommt. Das bringt Chancen mit sich."



LMM-Fondsmanager Bill Miller referierte über seine größte Position, das skandalgeschüttelte Pharmaunternehmen Valeant. Er hofft auf eine Wiederbelebung des Kurses in den kommenden Jahren. Andere Referenten warnten jedoch vor zu hohen Risiken bei Valeant. Darüber hinaus lobte Miller die Chancen des Onlinehändlers Amazon. Weitere Favoriten sind die Fluggesellschaften, insbesondere Delta Air Lines.

Robert Bishop von Impala Asset Management, einst die rechte Hand von Hedgefondslegende George Soros, hat sich mit Aktien des Bergbaukonzerns Teck Resources eingedeckt. Die Kanadier bauen Zink, Kupfer und Kohle ab. Die Rohstoffpreise könnten sich erholen, erklärte Bishop. Zudem habe Teck die Kosten massiv gesenkt, was die Gewinnaussichten verbessere. Seine Schulden könne Teck in wenigen Jahren komplett tilgen.

Da die Zeiten unsicher sind, kamen auch Aktien zur Sprache, die Anleger nach Meinung der Gurus meiden oder gar leer verkaufen sollten. Jim Chanos, der sich mit seiner Firma Kynikos Associates auf Shortselling spezialisiert hat, warnte vor der Fusion von Tesla und Solarcity. Der Cashbedarf sei angesichts tiefroter Zahlen bei Solarcity enorm, das Geschäftsmodell sei ein einziges Desaster. Zudem hat sich Chanos auf den chinesischen Onlinehändler Alibaba eingeschossen. Das Unternehmen sei intransparent, lege nicht genug Details zur Logistiksparte und zu den Cashflows offen. Der ebenfalls anwesende Vize-Chairman der Alibaba-Gruppe, Joseph Tsai, widersprach erwartungsgemäß dieser Darstellung. Alibaba publiziere alle relevanten Zahlen und Fakten. Tsai hob hervor, dass der chinesische Konsument über hohe Netto-Cash-beträge verfüge und die Käufe im Internet stark zunehmen würden. Ob er Chanos umstimmen konnte, bleibt fraglich. BÖRSE ONLINE hält vorerst an der positiven Einschätzung fest, rät aber, den Stopp auf 75 Euro nachzuziehen.