Herr Prof. Otte, der Jahresauftakt an den Börsen ist voll in die Hose gegangen. Seit Anfang Januar steht inzwischen alleine beim Dax ein Minus von gut 14 Prozent. Haben Sie ein solches Desaster zum Jahresanfang erwartet?
Ich bin schon überrascht, dass es nun so heftig ist. Andererseits krankt die Weltwirtschaft an allen Ecken und Enden; wir steuern langsam in eine Zwangs-, Zentralverwaltungs- und Kriegswirtschaft. Irgendwann muss sich das Luft machen.
Neben den Konjunktursorgen in China und den USA machen Beobachter auch die Talfahrt beim Ölpreis und die Sorge um milliardenschwere Kreditausfällen bei Banken für den Fehlstart verantwortlich. Halten Sie diese Gründe für stichhaltig?
Ja, und noch einige mehr: die unsinnigen Sanktionen gegen Russland belasten uns, Südeuropa geht es schlecht und die USA sind auch noch nicht über den Berg. Das alles kommt zusammen.
Wie schätzen Sie die Konjunktur in USA, China und Europa im laufenden Jahr ein?
Wir haben eine binäre Situation: Entweder wir eiern uns so durch - dann geht es mit den Aktienmärkten bald wieder rauf - , oder das ist wirklich der Beginn einer größeren Krise - dann gute Nacht.
Erste Beobachter rufen bereits das Ende der Hausse aus.
Wenn es jetzt einbricht, sind Aktien immer noch wichtig. Denn dann steht die Weltwirtschaft vor einer sehr großen Krise und auch Geldvermögen werden herangezogen werden. Anders kommen wir nämlich von den Schulden nicht mehr runter.
Auf Seite 2: Was Otte über Dax und Gold denkt
Wo sehen Sie den Dax zum Jahresende?
Ich mache keine Kursprognosen. Aber wenn wir uns so durcheiern, ist das Durchbrechen alter Höchststände durchaus möglich.
Während die Börsen im Rückwärtsgang sind, zeigt der Trend bei Edelmetallen wieder nach oben. Gold ist im laufenden Jahr der Rohstoff mit der besten Performance. Steht das Edelmetall vor einem Comeback?
Ja, langsam könnte der Boden erreicht sein.
Wie weit kann der Aufschwung bei Gold noch gehen?
Über die alten Höchststände hinaus. Das ist nur eine Frage der Zeit.