ISABEL SCHNABEL, WIRTSCHAFTSWEISE:
"Die amerikanische Wirtschaft steht angesichts der nachlassenden wirtschaftlichen Dynamik und der schwachen Produktivitätsentwicklung vor großen Herausforderungen. Ein stärkerer Protektionismus, eine Begrenzung der Migration und eine Deregulierung des Finanzsystems können diese Probleme nicht lösen. Höhere Ausgaben und sinkende Steuern würden die fiskalische Stabilität bedrohen. Es bleibt zu hoffen, dass das amerikanische System der 'checks and balances' der Politik des neuen Präsidenten Grenzen setzt.Die wirtschaftliche Entwicklung in den USA ist auch für den Rest der Welt von großer Bedeutung. Es droht ein weltweiter Wandel hin zu mehr Protektionismus. Auch im Bereich der globalen Klimapolitik ist mit Rückschlägen zu rechnen."
CLEMENS FUEST, IFO-PRÄSIDENT:
"Wenn Trump die Handelsschranken durchsetzen könnte, die er angekündigt hat, wäre der Schaden groß. In Deutschland hängen 1,5 Millionen Arbeitsplätze vom US-Geschäft ab, die USA sind der wichtigste Handelspartner Deutschlands.
Trump kann die Handelspolitik aber nicht alleine bestimmen. Er braucht den US-Kongress dazu. Trump wird bestehende Abkommen kaum kippen können, aber der Abschluss neuer Abkommen wie TTIP wird deutlich schwieriger. Europa sollte trotzdem versuchen, TTIP zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen."
MICHAEL HÜTHER, DIREKTOR IW KÖLN:
"Wenn Trump zu machen versucht, was er im Wahlkampf so ziemlich wirr und zusammenhanglos erzählt hat, dann heißt das Abschottung, Isolation, Diskriminierung und explodierende Staatsverschuldung. Die deutsche Wirtschaft wird nicht mehr so einfach auf die USA als Exportzielland Nummer 1 setzen können. Kurzfristig werden nicht nur die Aktienmärkte von Ungewissheit in neuer Dimension geplagt werden, sondern auch das ohnehin schon schwache Investitionsgeschehen - und zwar global. Die Abwertung für den Dollar wird ein Übriges tun."
MICHAEL HEISE, CHEFVOLKSWIRT ALLIANZ:
"Mit Donald Trump zieht ein Präsident in das Weiße Hause ein, der außergewöhnlich hohe Unwägbarkeiten und Risiken für die Politik der nächsten Legislaturperiode mit sich bringt. Auch wenn die Realitäten des Amts sowie der Kongress als Korrektiv wirken können und Trump davon abhalten, seine Wahlversprechen etwa im Hinblick auf Zölle oder Zuwanderung eins zu eins umzusetzen, ist der langfristige Wachstumsausblick für die US-Wirtschaft eher negativ beeinflusst."
STEFAN KREUZKAMP, CHEFSTRATEGE DEUTSCHE ASSET MANAGEMENT:
"Der Sieg von Donald Trump hat die Märkte sicherlich auf dem falschen Fuß erwischt, wie auch die ersten Marktreaktionen zeigen. Wir erwarten, dass uns die Marktvolatilität aufgrund der gestiegenen politischen Unsicherheit zunächst erhalten bleiben dürfte. Die Unberechenbarkeit Trumps und seine politische Unerfahrenheit sind Grund genug, die kommenden Monate etwas vorsichtiger anzugehen. Die Berichterstattung dürfte negativ dominiert bleiben. Würde er nur die Hälfte seiner markigen Versprechungen aus dem Wahlkampf einlösen, dürfte dies bereits für viel Unruhe sorgen.
Allerdings glauben wir, dass die Anleger auch nicht die Nerven verlieren sollten. Vergessen wir nicht, dass es die große Konstante in Trumps Wahlkampf war, das Publikum immer wieder zu überraschen. Gut möglich, dass er nach der Wahl aus Marktsicht auch mal positiv überraschen könnte. Unsere Hoffnungen beruhen auf dem Pragmatismus, der Adaptionsfähigkeit und der insgesamt geringen politischen Festlegung Trumps. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass er die Politveteranen im Kongress ein weitgehend klassisch republikanisch geprägtes Wahlprogramm durchziehen lässt."
OTMAR LANG, CHEFVOLKSWIRT TARGOBANK:
"Die kommenden Wochen und Monate stehen im Zeichen der Unsicherheit. Darunter dürfte der Binnenkonsum ebenso leiden wie die Investitionsneigung von US-Unternehmen. Sie treibt vor allem die Angst vor einem Handelskrieg um. Immerhin kündigte Donald Trump im Wahlkampf Strafzölle gegen China und Mexiko von 45 beziehungsweise 35 Prozent an. Positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit von US-Unternehmen dagegen könnte sich eine zügige Unternehmenssteuerreform auswirken, für die Trump etwa eine Steuersenkung von 35 auf 15 Prozent in Aussicht gestellt hatte.
Dennoch ist kurzfristig mit Wachstumseinbußen zu rechnen. Das wird den Börsen wehtun. Wie weh, wird vor allem von der amerikanischen Notenbank Fed abhängen. Diese dürfte die geplante Zinssenkung im kommenden Monat zumindest auf das Frühjahr verschieben. Sie muss sich nur sehr bald zur neuen Lage äußern - ebenso wie auch der Kongress klar machen muss, was er bereit ist mitzutragen. Es sei denn, Trump selbst rückt von seinen Wahlkampfaussagen schnell wieder ab."
THOMAS GITZEL, CHEFVOLKSWIRT VP BANK:
"Bleibt Trump bei seiner harten außenwirtschaftlichen Linie, verspricht dies nichts Gutes. Wahrscheinlich muss sich Donald Trump aber den Fakten stellen und zurückrudern. Der Freihandel kann so einfach nicht auf den Kopf gestellt werden, ansonsten wäre die US-Wirtschaft selbst stark gefährdet. Kehrt Trump von seiner extremen außenwirtschaftlichen Positionierung ab, blieben Steuersenkungen und eine deutliche Erhöhung der Staatsausgaben als Kernelemente seiner Wirtschaftspolitik. Dies wäre dann positiv für die US-Wirtschaft und somit auch für die Weltökonomie als ganzes.
Die US-Notenbank wird in den kommenden Wochen die Reaktion an den Finanzmärkten abwarten, auch das Verhalten wichtiger konjunktureller Frühindikatoren wird für US-Notenbankchefin Yellen entscheidend sein. Bleiben die Aktienmärkte unter Druck und leidet darunter die Unternehmens- und Verbraucherstimmung, dürfte die US-Notenbank von einer weiteren Zinserhöhung im Dezember absehen."
STEFAN BIELMEIER, CHEFVOLKSWIRT DZ BANK:
"Die Folgen der Wahl sind - wie der Kandidat Trump - völlig unberechenbar. Einige seiner Pläne sind radikal, viele nur rudimentär bekannt. Die Unklarheit über die künftige Wirtschaftspolitik ist groß, die Finanzierung der Steuerpläne ungewiss und die Aussagen zur Handelspolitik lassen sogar einen Handelskrieg befürchten. Die Beziehungen zu Europa und zur Nato dürften sich eintrüben. Wenn Donald Trump seine Wahlversprechen tatsächlich umsetzt und er ein spürbares Konjunkturprogramm für die US-Wirtschaft initiiert, sollte die US-Konjunktur zunächst profitieren und damit auch die wichtigsten Handelspartner. Mittelfristig dürfte der Politikentwurf von Donald Trump jedoch zu einer spürbar geringeren Wachstumsdynamik binnenwirtschaftlich wie global führen. Somit wird die zunächst negative Entwicklung an den Kapitalmärkten wohl kurzfristig überzeichnet sein, mittelfristig aber als berechtigt erscheinen."
KATHLEEN BROOKS, BROKERHAUS CITY INDEX:
"Das ist unbekanntes Territorium für die USA, das politische Establishment könnte heute über den Haufen gerannt werden, was weitreichende Konsequenzen für die Finanzmärkte für eine geraume Zeit nach sich ziehen würde. Ein weiteres Risiko ist, wie die Bevölkerung auf einen Sieg von Trump reagieren könnte. Kommt es zu gewalttätigen Protesten könnte das noch mehr Volatilität für die Märkte bedeuten."
MARCEL FRATZSCHER, DIW-PRÄSIDENT:
"Natürlich wird es kurzfristig zu Verwerfungen an den Finanzmärkten kommen. Das sieht man ja bereits jetzt, und das dürfte sich in den kommenden Tagen fortsetzen. Aber ähnlich wie nach dem Brexit-Votum der Briten werden sich die Wellen wieder glätten. Schnell wird man feststellen, das sich eigentlich nicht so viel ändern wird. Viele seiner verrückten Pläne - etwa in der Steuer- und Handelspolitik - wird Trump nicht umsetzen können. Wir haben eine funktionierende Demokratie in den USA. Auch der mächtigste Mann der Welt kann nicht tun, was er will.
TTIP wird jetzt für zumindest vier Jahre erst einmal auf Eis gelegt. Das sind vier verlorene Jahre. Die werden Europa mehr schmerzen als die USA. Für die deutsche Wirtschaft wird es keinen massiven Schaden geben, auch wenn eine schwächer wachsende US-Wirtschaft uns treffen wird."
HOLGER SANDTE, EUROPA-CHEFVOLKSWIRT NORDEA:
"Niemand weiß genau, was ein Präsident Trump bedeutet. Und diese Unsicherheit ist genau das Problem. Sie spiegelt sich auch in der negativen Reaktion auf den Finanzmärkten wider. Sollte das wochenlang anhalten, wird die Fed die Zinsen im Dezember nicht anheben. Wie nach dem Brexit-Referendum ist die Prognoseunsicherheit nun besonders hoch.Wenn Trump seine Ausgabenpläne umsetzt, könnten die US-Anleiherenditen deutlich steigen, was die US-Wirtschaft und damit die Weltwirtschaft belasten würde. Auch für den Freihandel wird es schwierig. Und in Europa werden die Anti-Establishment-Bewegungen Aufwind spüren."
JÖRG KRÄMER, COMMERZBANK-CHEFVOLKSWIRT:
"Trump ist ein erklärter Gegner des Freihandels. Darunter werden nicht nur Mexiko, Kanada und China leiden. Vielmehr wird er der gesamten Welthandelsordnung schweren Schaden zuführen. Der Welthandel, der in preisbereinigter Rechnung bereits seit zwei Jahren stagniert, wird unter einem Präsidenten Trump sicher nicht zur alten Dynamik zurückfinden. Das wird die Exportnation Deutschland zu spüren bekommen, wenn der gegenwärtige konsumgetriebene Aufschwung in ein paar Jahren ausläuft.Trumps Sieg steht für eine Niederlage des politischen, wirtschaftlichen und publizistischen Establishments in den USA. Das wird die gegen das Establishment gerichteten Kräfte in vielen EU-Ländern weiter stärken, auch in Deutschland. All das schwächt in der EU die Regierungen und schafft ein Klima, in dem sich die Regierenden nicht an Reformen wagen. Das zementiert die Probleme der EU und drängt die EZB in die Rolle des geldpolitischen Ausputzers.
Natürlich können sich die Aktienmärkte nach dem unvermeidlichen Ausverkauf am heutigen Tag wieder rasch erholen. Aber für die Märkte dürfte die Wahl Trumps ein weit größeres Problem sein als das Brexit-Votum im Juni. Schließlich geht die immer noch größte Volkswirtschaft der Welt unter einem Präsidenten Trump in der Handelspolitik auf Konfrontationskurs. Hinzu kommt die monatelange Unsicherheit darüber, was genau Trump tun wird."