Vom abgelehnten Uni-Projekt zum Milliarden-Fintech: Jetzt geht Klarna in New York an die Börse. Trotz Kritik – der Einstieg bei „KLAR“ könnte sich lohnen. Warum das US-Geschäft und ein Walmart-Deal für Fantasie sorgen.
„Aller Anfang ist schwer“, lautet ein bekanntes Sprichwort. So war es auch beim Fintech Klarna, das nun in New York vor dem Schritt aufs Parkett steht. 2005 stellten die drei Gründer Sebastian Siemiatkowski, Niklas Adalberth und Victor Jacobsson bei einem Wettbewerb der Handelshochschule Stockholm ihre Idee zur Abwicklung von Onlinebezahlungen vor. Die Jury war nicht begeistert, die drei Gründer landeten mit ihrer Idee auf einem der letzten Plätze. Trotzdem entschieden sie sich zur Gründung des Unternehmens „Kreditor“, welches sie später in „Klarna“ umbenannten.
Vom Start-up entwickelte sich das Unternehmen über die Jahre zu einem ernst zu nehmenden Player in der Finanzbranche. Heute hat Klarna laut eigenen Angaben über 93 Millionen aktive Nutzer und ein Netzwerk von über 675.000 Händlern, bei denen man mit dem System von Klarna bezahlen kann. Dazu gehören unter anderem Schwergewichte wie Apple, Adidas, Airbnb, H & M und viele mehr. Insgesamt liefen 2024 Zahlungen in Höhe von 105 Milliarden Dollar über die Plattform von Klarna, 2015 waren es noch sechs Milliarden Dollar.
Ein Großteil des Umsatzes verdient der Bezahldienst mit der „Buy now, pay later“-Funktion, bei der Kunden etwas kaufen und indirekt bei Klarna einen Kredit aufnehmen, den sie über einen gewissen Zeitraum plus Zinsen an das Fintech zurückbezahlen müssen. Mittlerweile hat das in Schweden gegründete Unternehmen seinen Hauptsitz in Großbritannien, der Börsengang soll jedoch in den USA an der New York Stock Exchange (NYSE) erfolgen. In dem von Klarna veröffentlichten Börsenprospekt gab es keine Angaben zur angestrebten Bewertung. Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete zuletzt, Klarna wolle bei einem Börsengang mindestens eine Milliarde Dollar einnehmen und strebe eine Gesamtbewertung von mehr als 15 Milliarden Dollar an. In einer Finanzierungsrunde im Jahr 2021 war der Bezahldienst noch mit 45 Milliarden Dollar bewertet worden.
Es könnte bis zu drei Klassen von Aktien geben — eine Gattung A mit einem Stimmrecht pro Aktie sowie die Gattung B mit zehn Stimmen pro Aktie. Zudem soll es eine Klasse C von Inhaberaktien geben, ebenfalls mit zehn Stimmrechten. Inhaber der Aktiengattungen A und C sollen zu möglichen Dividendenzahlungen berechtigt sein. Zu den Investoren bei Klarna zählen mit Sequoia, Silver Lake, Permira und Softbank eine Reihe namhafter Fonds, die wie die Gründer ein Interesse daran haben, ihre Anteile beim Börsengang zu einem möglichst hohen Preis zu verkaufen.
Klarna Börsengang: Das sagen Analysten und Fondsmanager
Wird die Aktie für Anleger attraktiv sein? Nalin Patel, Analyst beim Private-Equity-Branchendienst Pitchbook, führt die Rückkehr des Unternehmens in die Gewinnzone im vergangenen Jahr ins Feld. Doch im operativen Geschäft machte Klarna 2024 weiterhin Verluste. Die Ergebnisverbesserung seit 2022 sei zu einem großen Teil auf Einsparungen im Marketingbudget und durch den Verkauf eines Geschäftssegments zurückzuführen, so Johannes Hesche, Fondsmanager bei Acatis. Bedenklich sei auch, dass im Prospekt Mängel in der IT und die Gefahr einer fehlerhaften Bilanzierung angedeutet werden. Zudem sei das Wettbewerbsumfeld hart. Schließlich konkurriert Klarna mit Anbietern wie Paypal, Antpay und Co.
Auch hat die „Buy now, pay later“-Funktion in den vergangenen Jahren Gegenwind von Verbraucherschützern und Regulatoren erfahren. Kritiker bemängelten immer wieder, dass die Funktion zum Schuldenmachen verleite. Klarna entgegnet dem jedoch, dass im vergangenen Jahr 99 Prozent der Kredite pünktlich zurückgezahlt wurden, was laut dem Unternehmen auf eine finanziell verantwortungsvolle Nutzerbasis schließen lasse.
Für die Aktie spricht, dass sich die Expansion auf dem US-Markt, der bereits jetzt der wichtigste für Klarna ist, als lukrativ erweisen könnte. Dem Kauf auf Kredit und auf Raten steht man dort wesentlich positiver gegenüber als etwa in Deutschland. In den USA schloss Klarna kürzlich eine Vereinbarung mit dem Supermarktgiganten Walmart. Das verschafft dem Bezahldienst Zugang zu Millionen von Kunden. Mitgründer und Unternehmenschef Siemiatkowski bezeichnete den Deal als „echten Coup, der die Konkurrenz geschockt hat“. Für ein Engagement bei Klarna spricht auch, dass das Unternehmen verstärkt auf künstliche Intelligenz setzt, um die Kosten beim Kundenservice zu senken, der zu den größten Ausgabenbereichen bei Fintechs zählt.
Unter dem Kürzel „KLAR“ will die Firma nun in absehbarer Zeit den Börsengang wagen, wann genau ist noch nicht bekannt. In Deutschland kann die Aktie nicht gezeichnet werden, etwaige Interessenten müssen sich bis zur Handelsaufnahme gedulden.
UPDATE: Laut einem Insider-Bericht von Bloomberg will Klarna sein IPO auf Eis legen - offizielle Bestätigungen gibt es nicht.
Übrigens: Dieser Artikel erschien zuerst in der neuen Ausgabe von BÖRSE ONLINE. Diese finden Sie hier