Wo ist sie denn jetzt, die Blase, von der schon wieder so viele sprechen? Die "Bubble"? Das Kartenhaus, das ganz arg bald einstürzen wird? Ernsthaft: Reichen die stark gestiegenen Kurse wirklich aus, um vor einer Blase zu warnen? Klares Nein. Es bedarf doch einiger Indizien mehr, um von einer kolossalen Übertreibung sprechen zu können.
Wie wäre es mit den folgenden vier Punkten. Indiz 1: Jeder, auch diejenigen, die keine Ahnung davon haben, spricht über Aktien oder Immobilien - oder was auch immer die aufgeblasene Investment-Kategorie sein soll. Und jeder spricht darüber, wie man (schnell) reich wird. Indiz 2: Manche kündigen ihre Jobs, um Daytrader zu werden oder Immobilienmakler - wobei das vielleicht ein eher amerikanisches denn ein deutsches Phänomen ist. Indiz 3: Wenn Warnungen vor einem Rückschlag nicht nur in den Wind geschlagen, sondern vehement und meist unhöflichst ins Reich des Absurden verwiesen werden. Und Indiz 4: Wenn plötzlich so richtig extreme Prognosen die Runde machen - wie etwa die 10 000-Dollar-Gold-Prognose vor einigen Jahren.
Tja, sind wir wirklich schon wieder so weit? Lässt sich das eine oder andere Indiz finden? An der Börse, im Bekanntenkreis? In den USA oder in Europa scheint dies nicht der Fall zu sein - mal abgesehen vom hierzulande tatsächlich heiß diskutierten Thema "Kauf ich mir jetzt noch eine Immobilie?". Aber was DAX und Dow Jones angeht, ist von Stammtisch-Verrücktheiten- oder einer Milchmädchen-Hausse eigentlich nichts zu sehen.
Das bedeutet jetzt nicht, dass wir uns in absoluter Sicherheit wiegen sollten. Denn die nächste Rezession wird kommen - wann auch immer. Und das wird natürlich auch an der Börse nicht spurlos vorübergehen. Aber die dann fällige Korrektur sollte insgesamt glimpflicher ausfallen als etwa zur Jahrtausendwende, als man ja nun wirklich von irrationaler Übertreibung in allen Bereichen sprechen konnte.
So ist das im Hier und Jetzt nicht. Dennoch gibt es aber auch aktuell Bereiche, in denen Gefahr droht. China ist so ein Hotspot. Dort ist die exzessive Kreditvergabe ein echtes Problem. Das Perfide daran ist ja, dass heißes chinesisches Geld nicht nur zu drastischen Preisanstiegen im chinesischen Immobilienbereich führt, sondern inzwischen auch ins Ausland wandert und beispielsweise für Immo-Exzesse in Kanada und Australien sorgt. Ähnliches gilt für die Übernahmeaktivitäten - in China selbst wie auch international. Vieles davon ist schön kreditfinanziert. Peking ist das längst ein Dorn im Auge und versucht, es einzudämmen. Der Boom könnte so zu einem jähen Ende kommen.
Dennoch sollte uns das (noch) nicht allzu sehr beunruhigen. "Keep calm and buy stocks", lautet weiter die Devise. Denn so wenig Indizien es für eine Blase gibt, so viele Indizien gibt es, dass der Kursaufschwung auf solidem Boden steht. Denn das A und O für die Börsen-Hausse, die Entwicklung der Unternehmensergebnisse, macht weiter Freude. Die Prognosen für die Zahlen, die in der laufenden Berichtssaison veröffentlicht werden, sind vielversprechend, ebenso die Aussichten für die kommenden zwölf Monate. Das gilt für die Gewinne wie für die Umsätze.
Ein weiteres Indiz für stabile Kurse liefern die Insider, also die Leute, die ganz nah dran sind an den Unternehmen, weil sie Teil des Managements sind oder anderen Gremien angehören: Die kaufen nämlich - aber nicht so viel, dass man eine Blasenbildung befürchten müsste.
Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com