BERLIN (dpa-AFX) - In der Debatte über eine Laufzeitverlängerung der verbliebenen Atomkraftwerke hat SPD-Chefin Saskia Esken eine sachliche Herangehensweise betont. "Wir sind an der Stelle nicht ideologisch unterwegs", sagte Esken am Montag im ZDF-"Morgenmagazin". "Aber ganz klar ist auch: Alle Argumente, die bisher gegen die Atomkraft gesprochen haben und die dazu geführt haben, dass wir den Ausstieg beschlossen haben (...), die gelten ja weiterhin." Es sei immer noch keine Lösung gefunden für die Endlagerung des Atommülls, "und viele andere Fragen sind auch nicht geklärt".
Esken verwies auf den angekündigten neuen Stresstest zur Sicherheit der Stromversorgung: "Das Wirtschaftsministerium als Teil der Bundesregierung hat ja schon zu Beginn des Jahres eine Abschätzung dazu vorgenommen und wird jetzt nochmals prüfen, inwieweit Streckbetriebe und ähnliches, was da vorgeschlagen wird, hilfreich sein können." Ein Streckbetrieb würde bedeuten, dass die Leistung der Atomkraftwerke gedrosselt wird, damit sie mit den vorhandenen Brennstäben auch über das derzeit geplante Abschaltdatum hinaus weiterlaufen können.
Seit die Bundesregierung den neuen Test der Stromversorgung angekündigt hat, scheint nicht mehr komplett ausgeschlossen, dass die Kernkraftwerke doch noch länger am Netz bleiben könnten.
Die drei verbliebenen Meiler Neckarwestheim 2, Emsland und Isar 2 müssen nach geltendem Recht spätestens am 31. Dezember abgeschaltet werden. An der Nettostromerzeugung in Deutschland haben sie im laufenden Jahr einen Anteil von rund sechs Prozent. Mit Erdgas wurden bisher etwa zehn Prozent des Stroms erzeugt. Zuletzt wurden deshalb Rufe nach einer längeren Nutzung in Deutschland produzierter Atomenergie für die Stromerzeugung lauter, als Ausgleich für fehlende Gaslieferungen aus Russland.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) betont indes immer wieder, dass der Hauptmangel nicht beim Strom drohe, sondern bei Gas und Wärme für die Industrie - und dass Atomkraftwerke dafür keine Abhilfe schafften. Der Stresstest soll klären, ob die Stromversorgung in Deutschland auch unter verschärften Bedingungen gesichert ist./sku/DP/zb
Quelle: dpa-Afx