Zu Jahresanfang schon fast Tradition auf www.boerse-online.de: Der umfassende Chart-Check aller DAX-Titel. Das so genannte Stockpicking - also die Selektion von Aktien anstatt eines Investments in den gesamten Index - ist schon immer ein Werkzeug gewesen, um die Performance des Depots zu steigern. Und auch in 2017 kann eine schlaue Auswahl den Anlageerfolg messbar beeinflussen. Denn auf den steigenden Gesamtmarkt zu setzen wird nach der jüngsten Rally immer riskanter, die Überhitzung des Marktes steigt. Einzelne Titeln haben dagegen immer wieder Kurspotenzial. Daher gilt es, die Spreu vom Weizen zu trennen. Sinnvoll ist es, positive Trends - also eine anhaltende Nachfrage - zu identifizieren, und auf die entsprechenden Aktien zu setzen.

In einer dreiteiligen Serie analysieren wir in den kommenden Tagen die 30 Blue Chips im Leitindex, und machen auf die aussichtsreichsten Titel aufmerksam. Auf den kommenden Seiten verfolgen wir im letzten Teil der Serie die Papiere von Lufthansa bis Vonovia. Doch zunächst ein Blick auf die tabellarische Übersicht aller DAX-Mitglieder, unterteilt in die drei technisch entscheidenden Beurteilungsfaktoren Tendenz, Trend und Relative Stärke (erstellt in Kooperation mit dem größten deutschen Börsenstatistik-Magazin "Index Radar").

Die Tendenz signalisiert, ob die Aktie in den vergangenen Tagen zu schnell gestiegen oder gefallen ist (schwarzer Punkt weit rechts oder links von der Mittellinie), und zeigt damit eine kurzzeitige Erholungschance oder Korrekturgefahr (schwarzer Punkt im grünen/roten Extrembereich). Dabei gelten für jede Aktie individuell festgelegte Grenzwerte.

Der Trend zeigt, ob der Durchschnittskurs der vergangenen Tage sowie Wochen stabil nach oben steigt - kleinere Pausen werden dabei nicht gleich als Trendwendesignal gewertet, sondern mit einem komplexen mathematischen Filter ausgeblendet. Damit werden häufige Trendwechsel und damit Fehlsignale minimiert.



Die Relative Stärke signalisiert, welches Papier momentan im Index am meisten Kapitalzuflüsse erhält, und wie der Rang in den Vorwochen war. Interessant sind Aufsteiger, gefährlich wird es dagegen für Papiere, die schon lange einen Top-Platz haben, und absturzgefährdet sind. Nun aber zu einem detaillierten Blick auf den Kursverlauf eines jeden Papiers. Die nun folgenden Charts zeigen wichtige horizontale Kaufzonen (Unterstützungen) und Verkaufzonen (Widerstände) sowie den populären 200-Tage-Durchschnitt (violett), an dem die Kurse häufig drehen. Auf der nächsten Seite starten wir mit Lufthansa.

Auf Seite 2: Lufthansa





Lufthansa





Der steile Anstieg im vierten Quartal des Vorjahres der Lufthansa-Aktie erinnert an vergangene Bärenmarktrallys - und tatsächlich zeigt die Aktie inzwischen wieder klare Anzeichen von Schwäche, erkennbar an den aktuell übermäßig stark ausfallenden Gewinnmitnahmen. Ein erneuter Rückschlag in Richtung der Mehrjahrestiefs um 7,75/8,45 Euro droht, und ist etwas wahrscheinlicher als eine Erholung über die jüngste Hürde bei 13 Euro. Die 2015er- und 2016er-Hochs um 15,50 sind erst einmal wieder außer Reichweite. Die Aktie muss daher derzeit in keinem Depot liegen.

Auf Seite 3: Merck KG aA





Merck KG aA





Durch den Ausbruch von Merck über die seit 2015 als Widerstand erkennbare 100er-Marke hat sich eines der aktuell besten Kaufsignale im DAX ergeben. Das Rekordhoch knapp unter der 112er-Marke dürfte bald erreicht und vermutlich sogar überschritten werden. Eintrüben würde sich die positive Prognose frühestens unterhalb von 91/93 Euro, wenn die Nachfrage am 200-Tage-Durchschnittskurs (violett) und den jüngsten Zwischentiefs ausbleibt. Wer im DAX investieren will, kommt an dieser Aktie nicht vorbei.

Auf Seite 4: Münchener Rückversicherung





Münchener Rückversicherung





Auf der Unterseite ist bei der Münchener Rück erst bei 132/141 wirkliches Kaufinteresse erkennbar, auf der Oberseite startet Abgabedruck jenseits von 206,50 Euro. Und dazwischen befindet sich jede Menge Spielraum, der von der Aktie auch auf wenig vorhersehbare Weise ausgenutzt wird. Dieses Seitwärts-Szenario macht das Papier eher unattraktiv.

Auf Seite 5: ProSiebenSat.1  





ProSiebenSat.1 Media





Die ProSiebenSat.1 Media-Aktie hat nach einem steilen Einbruch im vierten Quartal 2016 fast alle Verluste wieder aufgeholt, was für eine zukünftige Bodenbildung sprechen könnte. Doch nach dem steilen Anstieg steigen nun wieder die Risiken auf Gewinnmitnahmen in Richtung der schon häufiger erprobten 36er-Marke: Der Kurs hat sich dem Abwärtstrend um 39,60 stark angenähert, auch die horizontale Wendezone um 41 ist nicht mehr weit weg - das Verkaufsinteresse steigt dadurch. Das Papier wird daher frühestens nach einer Korrektur wieder ein gutes Chance-Risiko-Verhältnis aufweisen.

Auf Seite 6: RWE 





RWE







Der seit 2008 anhaltende Abwärtstrend macht die RWE -Aktie unverändert zum DAX-Schlusslicht. Eine Investition ist zeitweise nur für Spekulanten interessant, die nach einem allzu starken Einbruch immer wieder einmal auf eine kurze Gegenbewegung zurück nach oben wetten wollen - doch aktuell ist das Papier nicht übermäßig ausverkauft, und damit auch für Zocker wenig spannend. Am Wahrscheinlichsten bleiben weitere Verluste zurück in Richtung der 10er-Marke, ein Test des Abwärtstrends (rot) jenseits von 20 Euro ist dagegen die unwahrscheinlichere Alternative - dazu müssen sich erst mehr Anzeichen einer Bodenbildung zeigen.

Auf Seite 7: SAP





SAP





Der seit 2009 anhaltende Aufwärtstrend erinnert an die Zeit vor dem Jahr 2000, als man mit SAP fast nichts falsch machen konnte. Die Aktie zeigt eine stabile, positive Tendenz und hat zunächst Potenzial bis knapp an die 90er-Marke. Um das Chance-Risiko-Verhältnis bei einem Einstieg besser zu gestalten, wäre vor dem Kauf eine Korrektur in Richtung der ersten Unterstützung um 75/76 wünschenswert, dort verläuft eine horizontale Haltezone sowie der 200-Tage-Durchschnitt (violett). Doch es ist zu bezweifeln, ob das Papier kurzfristig noch einmal so weit zurück kommt - dies hängt von der Entwicklung des Gesamtmarktes ab.

Auf Seite 8: Siemens





Siemens





Der Ausbruch über die 100-Euro-Marke war auch bei der Siemens-Aktie der Startschuss für weitere Gewinne, inzwischen sind auch die 2007er-Höchststände um 112 Euro durchbrochen worden. Das anhaltende Kaufinteresse lässt auf einen Test der Rekordniveaus aus dem Jahr 2000 um 130 Euro hoffen. Das Papier ist im Aufwärtstrend ein vielleicht eher langweiliges, aber solides Basisinvestment, erst wenn sich bei einer erneuten Korrektur bis 100 Euro keine Käufer mehr finden, muss die Einschätzung revidiert werden.

Auf Seite 9: ThyssenKrupp 





ThyssenKrupp





Die ThyssenKrupp-Aktie gehört zu den stärksten Aufsteigern, in die aktuell mehr Kapital hinein fließt, als dass es abgezogen wird (steigende Relative Stärke). Dennoch zeigt der Kurs bislang keine Überhitzungstendenzen, die Korrekturgefahr bleibt somit überschaubar. Das dürfte sich erst ändern, wenn die nächste charttechnische Barriere um 26/28 Euro erreicht wird. Zwischenzeitliche Rückschläge sind natürlich auch hier nicht auszuschließen, sie sollten bereits um 22,25 und 20,80 Euro stoppen, wo eine horizontale Kaufzone und der 200-Tage-Durchschnittskurs wieder für einen Nachfrageanstieg sorgen dürften. Erst darunter wird die Prognose wieder schlechter. Fazit: Ein spannender DAX-Titel.

Auf Seite 10: Volkswagen Vz.





Volkswagen vz





Autoaktien sind derzeit gefragt, das wird am Volkswagen (Vz.) -Chart auf den ersten Blick erkennbar. Das Papier hat dadurch den Widerstand um 136/147 Euro nach oben durchbrechen können, der weitere Weg ist nun aus charttechnischer Sicht frei bis mindestens an die 200er-Marke. Ein spannender DAX-Titel also, das Problem dabei ist nur, dass das Papier nach dem jüngsten Anstieg etwas heiß gelaufen und damit korrekturanfällig geworden ist.

Trotz der guten Aussichten sollten Anleger daher auf dem aktuellen Niveau nicht mit Allem einsteigen, das sie haben. Für Ungeduldige sind Teilkäufe eine Option, ansonsten sind kleine Rückschläge zurück in Richtung 140 Euro eine gute Möglichkeit, das Chance-Risiko-Verhältnis eines Kaufs wenigstens leicht zu verbessern. Ein stärkerer Schwächeanfall kann sogar problemlos bis alte Zwischenhochs um 130 Euro führen, der Trend wird aber erst negativ wenn auch der 200-Tage-Durchschnitt bei 123 sowie die Aufwärtstrendlinie (rot) um 116,75 nach unten durchbrochen werden.

Auf Seite 11: Vononvia





Vonovia





Nach einer starken Korrektur im Vorjahr geht es bei Vonovia nun offenbar wieder bergauf, nachdem am langfristigen Aufwärtstrend (blau) eine starke Nachfrage zu einer Bodenbildung führte. Ob diese Entwicklung nachhaltig ist, wird sich zeigen - ein gutes Indiz dafür wäre eine Rückeroberung des 200-Tage-Durchschnitts bei 32 Euro sowie der horizontalen Wendezone um 33 Euro. Bis es nicht dazu kommt, bleibt ein Investment in dieses Papier eher spekulativ, auch wenn der langfristige Chart auf den ersten Blick gut aussieht. Ein klares Warnsignal wäre dahingegen ein Rücksetzer unter die 29er-Marke, dann drohen weitere Verkäufe in Richtung 25 Euro - momentan ist diese Gefahr aber als gering einzustufen.

Andreas Büchler ist Herausgeber des Index Radar Magazins, der größte tägliche Börsenstatistik-Report Deutschlands. Er ist zudem Gründer und Partner der Qarat AG, einer auf Quantitative Analyse und Algorithmic Trading spezialisierten Forschungsgesellschaft für Börsenhandelssysteme.

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