Am US-Anleihemarkt stieg die Rendite der zweijährigen Bonds erstmals seit 2007 und damit den Zeiten der Finanzkrise über diejenige der zehnjährigen. Erstere warfen 1,612 Prozent ab und Letztere 1,595 Prozent. Üblicherweise ist die Rendite einer länger laufenden Anleihe höher als bei einem kürzer laufenden Papier. Diese sogenannte "Inverse Zinskurve" habe in sieben von neun Fällen einen Konjunkturabschwung korrekt vorhergesagt, sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Allerdings dauere es meist ein bis zwei Jahre, bevor die Wirtschaft in eine Rezession rutsche.

Vor diesem Hintergrund zogen sich Anleger aus den Aktienmärkten zurück. "Der Zollstreit zwischen den USA und China hat bereits einen Einfluss auf die Konjunktur", sagte Christophe Barraud, Chef-Anlagestratege des Brokerhauses Market Securities. "Vor allem, wenn man sich vom weltweiten Handel abhängige Staaten wie Deutschland anschaut." Die deutsche Wirtschaft schrumpfte im zweiten Quartal um 0,1 Prozent. Die chinesische Industrieproduktion wuchs so langsam wie seit 17 Jahren nicht. "Wenn Chinas Industrieproduktion schwächelt, ist das immer auch eine Aussage über den Zustand der Weltwirtschaft", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners.

BEWEGUNG IM ZOLLSTREIT TRITT IN DEN HINTERGRUND


Damit verpuffte die Freude über die Verschiebung zusätzlicher US-Strafzölle auf chinesische Waren vollends. Dabei habe es sich sowieso nicht um Zugeständnisse von US-Präsident Donald Trump gehandelt, sondern nur um Wahltaktik, sagte BayernLB-Volkswirt Stefan Kipar. "Man stelle sich vor, die Amerikaner müssten einen Präsidenten wiederwählen, der für eine deutliche Preissteigerung des geschenkten iPhones zum Weihnachtsfest 2019 verantwortlich war."

Der wachsende Konjunkturpessimismus spiegelte sich auch an den Rohstoffmärkten wider: Die Ölsorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um 2,4 Prozent auf 59,82 Dollar je Barrel (159 Liter) und der Preis für das wichtige Industriemetall Kupfer fiel um 1,3 Prozent auf 5753,50 Dollar je Tonne. Die "Antikrisen-Währung" Gold nahm dagegen wieder Kurs auf das Sechseinhalb-Jahres-Hoch vom Dienstag und verteuerte sich um 1,1 Prozent auf 1517,78 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Die Nachfrage nach den ebenfalls als sicher geltenden Bundesanleihen drückte die Rendite der zehnjährigen Titel auf ein Rekordtief von minus 0,654 Prozent. Damit schrumpfte ihr Renditeabstand zu den zweijährigen Papieren auf den niedrigsten Stand seit 2008.

FINANZWERTE UNTER DRUCK - RWE ÜBERZEUGT MIT ZAHLEN


Die Entwicklung an den Anleihemärkten setzte vor allem Banken zu, weil sie es ihnen erschwert, mit Krediten und Investitionen in Anleihen Geld zu verdienen. Der Zinssatz zahlreicher Darlehen orientiert sich an den Bondrenditen. Der europäische Banken-Index fiel auf ein Drei-Jahres-Tief von 117,37 Punkten. Im vorbörslichen US-Geschäft gaben die Titel von Instituten wie Bank of America, Citigroup und JPMorgan bis zu jeweils drei Prozent nach.

Zu den wenigen Gewinnern am deutschen Aktienmarkt zählte dagegen RWE mit einem Kursplus von 1,2 Prozent. Der Versorger steigerte seinen operativen Gewinn im Halbjahr. "Der Aufwärtstrend der Aktien sollte dank der sehr soliden Zahlen anhalten", sagte ein Händler.

rtr