Der Energiekonzern E.ON zahlt für den Atomausstieg und die Konzernaufspaltung einen hohen Preis: Vorstandschef Johannes Teyssen legte am Mittwoch für das vergangene Jahr einen Verlust von 16 Milliarden Euro vor - und damit eines der schlechtesten Ergebnisse in der deutschen Unternehmensgeschichte. "E.ON ist nun frei, in der neuen Energiewelt mit gesunden Geschäften zu wachsen", blickte der Manager in die Zukunft. Doch dafür ist erstmal Sparen angesagt: Bis zu 1300 der derzeit 43.000 Arbeitsplätze sollen gestrichen, Investitionen gekürzt und Beteiligungen verkauft werden. Dazu erwägt E.ON eine Kapitalerhöhung. Mit einem Minus von zeitweise 4,6 Prozent waren die Aktien des Versorgers der größte Verlierer im Dax.
E.ON hatte im vergangenen Jahr die Kohle- und Gaskraftwerke in den Versorger Uniper ausgelagert und will sich auf das Geschäft mit Ökostrom konzentrieren. Seinen restlichen Anteil von 47 Prozent an der früheren Kraftwerkstochter will der Konzern ab 2018 abbauen. Abschreibungen und Belastungen aus dem Atomausstieg rissen 2016 tiefe Löcher in die Bilanz: Allein die Abspaltung von Uniper machte Wertberichtigungen von elf Milliarden Euro nötig. Der Konzern erwägt zudem zur Finanzierung eines Teils seines insgesamt zehn Milliarden Euro schweren Beitrags für den geplanten Atomfonds eine Kapitalerhöhung von bis zu zehn Prozent.
TEYSSEN RÄUMT FEHLER EIN
"Die Bilanz des Übergangsjahrs 2016 ist eine Zäsur, die den Weg von E.ON in die neue Energiewelt frei macht", betonte der E.ON-Chef. Die Bilanz sei zum letzten Mal von den Lasten der Vergangenheit geprägt. "Mit dem Kerngeschäft der neuen E.ON haben die Verluste nichts zu tun." Für Teyssen ist es nach 2011, 2014 und 2015 bereits der vierte Milliardenverlust seiner Amtszeit. Er führt den Konzern seit 2010. Nun dürfte der Druck auf den 57-Jährigen steigen, bei dem einst größten deutschen Versorger die Wende zu schaffen. Sein Vertrag läuft noch bis Ende kommenden Jahres. "Ja, klar" entgegnete er auf die Frage, ob auch er in der Vergangenheit Fehler gemacht habe. "Der Einstieg in Brasilien war ein Flop. Das war eine Fehlentscheidung." E.ON hatte dort über eine Milliarde Euro in den Strommarkt investiert - ohne dass sich das ausgezahlte.
Nun sollen allein 1000 Arbeitsplätze in Deutschland gestrichen werden. Die Gewerkschaft Verdi übte scharfe Kritik: E.ON wolle doch mit neuen Geschäftsideen auf den Zukunftsmärkten punkten. "Es ist völlig unverständlich, wie ein kontinuierlicher Abbau der Belegschaft und der Aufbau neuer, personalintensiver Geschäftsfelder zusammen gehen können, in Wahrheit schließt das eine das andere aus", erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Andreas Scheidt.
ANLEGER SOLLEN MIT DIVIDENDEN BEI LAUNE GEHALTEN WERDEN
Der Nettoverlust von E.ON ist höher als der gesamte Börsenwert des Konzerns, der bei rund 14 Milliarden Euro liegt. Die Eigenkapitalquote betrug zum Ende des Geschäftsjahres 2016 nur noch zwei Prozent nach 17 Prozent ein Jahr zuvor. Zwar haben auch andere Versorger Milliardenverluste eingefahren, der Konkurrent RWE etwa 2016 einen Fehlbetrag von rund 5,7 Milliarden Euro. Doch keiner war so hoch wie der bei E.ON. Operativ erreichte der Konzern das obere Ende seiner eigenen Prognose. Vor Zinsen und Steuern (Ebit) und um Sondereffekte bereinigt verdiente der Versorger 3,1 Milliarden Euro - 13 Prozent weniger als im Vorjahr. Größter Gewinnbringer waren die Strom- und Gasnetze mit einem operativen Gewinn von 1,7 Milliarden Euro. Dies waren acht Prozent weniger als im Vorjahr, während das Ökostromgeschäft um zehn Prozent auf 430 Millionen Euro zulegte.
Teyssen umgarnte die Anleger mit Dividendenversprechen. Die Aktionäre sollen trotz der Verluste für 2016 eine Dividende von 21 Cent je Aktie nach 50 Cent im Vorjahr erhalten. Für 2017 stellte der Konzern 30 Cent in Aussicht. Das bereinige Ebit soll bei 2,8 bis 3,1 Milliarden Euro liegen und der bereinigte Überschuss bei 1,2 bis 1,45 Milliarden Euro. Auch unter dem Strich soll es schwarze Zahlen geben. Der Konzern habe reinen Tisch gemacht, betonte Teyssen. "Das hatte seinen Preis."
rtr