E.ON-Chef Johannes Teyssen versucht nach dem größten Verlust in der Unternehmensgeschichte Zweifel an der geplanten Aufspaltung des Energieriesen zu zerstreuen. "Ich bin sicher, dass die operative Kraft Ihres Unternehmens noch deutlicher zum Tragen kommt, wenn E.ON und Uniper sich ab dem nächsten Jahr zu zwei schlagkräftigen Einheiten in ihren Märkten formiert haben", umgarnte er am Mittwoch die Aktionäre. Diese müssen nach den ersten neun Monaten 2015 einen Nettoverlust von 6,1 Milliarden Euro verdauen. Ursache waren zwar vor allem hohe Abschreibungen. Doch auch operativ läuft es nicht rund. Die Aktie hat ohnehin drastisch an Wert verloren.

"Die Frage ist, ob eine Aufspaltung bei einem Aktienkurs unter zehn Euro überhaupt Sinn macht", sagte ein mit den Plänen vertrauter Insider der Nachrichtenagentur Reuters. "Der hohe Nettoverlust gibt wenig Anlass zu Optimismus." Schon auf der Hauptversammlung waren Zweifel an den Plänen laut geworden. "Kohle- und Gaskraftwerke werden in einer neuen Gesellschaft nicht profitabler. Welche Probleme werden durch die geplante Aufspaltung gelöst?", hatten Aktionärsvertreter moniert. Teyssen hat hingegen Zweifel vom Tisch gewischt und erklärt, die Aufspaltung voranzutreiben - "koste es, was es wolle". Die Aktionäre sollen Mitte 2016 über die Pläne abstimmen.

TEYSSEN: STAAT UND KONZERNE FÜR ATOMAUSSTIEG VERANTWORTLICH



"Wir gehen mit der operativen Trennung der Aktivitäten auf die Zielgerade", schrieb der E.ON-Chef nun an die Anleger. Danach sollen Anfang 2016 die Kohle- und Gaskraftwerke sowie der Energiehandel in die neue Gesellschaft Uniper mit knapp 14.000 Mitarbeitern übergehen. Bei E.ON bleiben das Ökostromgeschäft, die Strom- und Gasnetze, Energiedienstleitungen und - entgegen ursprünglichen Plänen - auch die Atomkraftwerke mit insgesamt 43.000 Beschäftigten. Die Meiler sollen in die neue Tochter PreussenElektra gebündelt werden. Damit hält sich die Firma die Möglichkeit offen, die AKWs mitsamt der milliardenschweren Rückstellungen in einen Atomfonds oder eine Atomstiftung einzubringen. "Staat und Unternehmen sind gemeinsam in die friedliche Nutzung der Kernenergie in Deutschland eingestiegen, und sie tragen jetzt auch eine gemeinsame Verantwortung für den Ausstieg", schrieb Teyssen den Aktionären.

E.ON machen wie der gesamten Branche die gefallenen Strom-Großhandelspreise zu schaffen. Der ebenfalls schwächelnde Konkurrent RWE legt am Donnerstag seine Zahlen vor. E.ON muss vor der Aufspaltung seine Anlagen neu bewerten. Insgesamt hat das Management seit Januar fast elf Milliarden Euro abgeschrieben. Dies betraf neben Kraftwerken auch das Öl- und Gasgeschäft, das wegen fallender Notierungen weniger wert ist. Finanzchef Michael Sen zufolge könnten im Schlussquartal nochmal Wertberichtigungen von 500 Millionen Euro hinzukommen.

ANLEGER HOFFEN AUF EIN ENDE DER SCHRECKENSMELDUNGEN



In der Stromerzeugung aus Atom-, Kohle- und Gaskraftwerken fiel der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in den ersten neun Monaten um etwa ein Drittel. Einbußen von fast einem Fünftel gab es auch im Ökostromgeschäft und im Russlandgeschäft bereitet der schwache Rubel Schwierigkeiten. Insgesamt schrumpfte das Ebitda um 18 Prozent auf 5,4 Milliarden Euro. Für den Gewinnrückgang waren auch die Verkäufe von Geschäften in Spanien und Italien und die Stilllegung des AKW Grafenrheinfeld verantwortlich. E.ON bekräftigte die Prognose. Danach soll 2015 das Ebitda auf 7,0 bis 7,6 Milliarden Euro fallen nach 8,3 Milliarden Euro im Jahr zuvor.

Die Aktie legte trotz des Rekordverlustes zeitweise um über vier Prozent auf 9,55 Euro zu und gehörte damit zu den Dax-Gewinnern. "Investoren spekulieren darauf, dass das große Reinemachen vor der Aufspaltung nun mit der hohen Abschreibung durch ist," sagte ein Händler.

Reuters