E.ON-Chef Johannes Teyssen hat kurz vor dem Börsengang der Kraftwerkstochter einen kräftigen Dämpfer erhalten. Im ersten Halbjahr fuhr der Versorger einen Fehlbetrag von drei Milliarden Euro ein, weil er den Wert der Kohlekraftwerke und Gasspeicher der Tochter Uniper um mehrere Milliarden Euro nach unten korrigieren musste.

"Unsere Bilanz ist durch die Finanzierung des Atomausstiegs, die erwartete Neubewertung unseres Uniper-Anteils und das internationale Zinsniveau angespannt", räumte Teyssen am Mittwoch ein. Und die Tochter, von der E.ON zugunsten der eigenen Aktionäre im September 53 Prozent an die Börse bringen will, wird wohl noch länger ein Bremsklotz bleiben. Es drohen weitere Abschreibungen. Auch im Gesamtjahr werde E.ON einen Nettoverlust schreiben. Die Aktien gaben deutlich nach.

In einem Brief an die Aktionäre beschwor Teyssen einmal mehr den "Aufbruch von E.ON in die neue Energiewelt". Dem Börsengang im September stehe nichts mehr im Wege. "Damit befindet sich eine der anspruchvollsten Transaktionen der europäischen Wirtschaftsgeschichte auf der Zielgeraden." Teyssen hatte mit den Plänen Ende 2014 für Furore gesorgt. E.ON will sich auf das lukrative Geschäft mit Ökostrom, Strom- und Gasnetzen und dem Vertrieb konzentrieren. Die durch den Verfall der Strom-Großhandelspreise schwächelnden Kohle- und Gaskraftwerke lagert er in die Tochter Uniper aus. Deren Wert hatte E.ON noch im Frühjahr auf 15,5 Milliarden Euro beziffert. Analysten hatten diesen hingegen zuletzt eher bei rund fünf Milliarden Euro gesehen.

WEITERE ABSCHREIBUNGEN UND KAPITALERHÖHUNG MÖGLICH



Die Quittung folgte jetzt. E.ON habe den Wert von Uniper um 2,9 Milliarden Euro nach unten korrigieren müssen, berichtete der Konzern. Insgesamt steht die Tochter Finanzchef Michael Sen zufolge nun noch mit etwa zwölf Milliarden Euro in den Büchern. Betroffen seien Kraftwerke und Gasspeicher. Hinzu kämen Rückstellungen für drohende Verluste bei Uniper in Höhe von 900 Millionen Euro. "Die Antwort lautet ja", entgegnete Teyssen auf die Frage, ob es 2016 erneut einen Nettoverlust geben werde. Dies wäre der dritte in Folge. 2015 hatte E.ON nach hohen Abschreibungen einen Fehlbetrag von sieben Milliarden Euro eingefahren, 2014 betrug er drei Milliarden. E.ON machen wie dem Konkurrenten RWE und der gesamten Branche die trotz der jüngsten Erholung über Jahre gefallenen Strom-Großhandelspreise zu schaffen. RWE legt am Donnerstag seine Halbjahreszahlen vor.

E.ON-Finanzchef Sen schloss weitere Abschreibungen auf die Kraftwerkstochter Uniper nicht aus. Nach dem Börsengang im September könne es weitere "Anpassungen" geben, sagte er in einer Telefonkonferenz. "Insofern hat die Notwendigkeit, Uniper Assets neu zu bewerten, auch weiterhin Auswirkungen auf unsere Bilanz." Nach dem Börsengang müsse der dann ermittelte Marktwert dem Buchwert gegenüber gestellt werden.

E.ON hat inzwischen diverse Banken engagiert, um den Börsengang zum Erfolg zu führen. Ein rascher Verkauf der Uniper-Papiere durch die E.ON-Aktionäre direkt nach der Erstnotiz würde den Kurs unter Druck setzen. Während E.ON an der Abgabe des Mehrheitsanteils nichts verdient, will der Konzern die restlichen Anteile mittelfristig versilbern, allerdings nicht vor 2018. Die Einnahmen könnte der Versorger auch wegen der Milliardenlasten durch den Atomausstieg gut gebrauchen. Finanzchef Michael Sen schloss erneut auch eine Kapitalerhöhung nicht aus. Die wirtschaftliche Nettoverschuldung kletterte vor allem wegen höherer Pensionsrückstellungen um 3,5 Milliarden auf rund 25 Milliarden Euro.

ANALYST: FINGER WEG VON E.ON-AKTIEN



Die Aktie von E.ON verlor am Donnerstag zeitweise mehr als sechs Prozent. Die höhere Verschuldung des Konzerns lasse mit Blick auf künftige Dividendenzahlungen nichts Gutes ahnen, sagte ein Börsianer. Zudem gebe es eine große Gefahr, dass bei Uniper weitere Abschreibungen nötig seien. "Wir haben bereits Ende 2014 davor gewarnt, dass die Bilanz von E.ON nicht stark genug für eine Abspaltung ist und seitdem immer wieder bekräftigt, dass frisches Kapital gebraucht wird", schrieben die Analysten von Kepler. Eine Kapitalerhöhung in nennenswerter Höhe zeichne sich ab. "Vermeiden Sie eine Investition in E.ON zu diesem Zeitpunkt", rieten die Experten.

Die bald auf eigenen Füßen stehende Tochter Uniper steht von Anfang an unter Druck. Vorstandschef Klaus Schäfer will zahlreiche der knapp 14.000 Stellen streichen und bis 2018 Beteiligungen im Wert von mindestens zwei Milliarden Euro abstoßen. E.ON muss derweil Milliardensummen für den Atomausstieg stemmen. Teyssen hatte bereits angekündigt, Investitionen zu verschieben und Kosten zu senken. Pläne für einen Stellenabbau gebe es bei E.ON nicht. Es würden Jobs abgebaut, aber auch andernorts aufgebaut.

rtr