"Großbritannien ist eine offene Wunde, die reichlich blutet", sagte EON-Chef Johannes Teyssen am Dienstag vor Journalisten in Essen. "Ich gehe fest davon aus, dass wir im Laufe dieses Jahres hierzu Erklärungen abgeben werden." Zunächst müsse man sich aber erstmal ein genaues Bild über die Lage von Innogy in Großbritannien machen. Die Tochter Npower schreibt dort nach Kundenschwund und Abrechnungsproblemen hohe Verluste. Die E.ON-Vorstände Leonhard Birnbaum und Karsten Wildberger suchten auch in Abstimmung mit Innogy nach Lösungen. "Rechnen Sie mit zügigen Entscheidungen", kündigte Teyssen an.

Wenige Stunden zuvor hatte die EU-Kommission E.ON die Übernahme der RWE-Tochter Innogy unter Auflagen genehmigt. E.ON will das Netz- und Vertriebsgeschäft von Innogy übernehmen. RWE erhält das Ökostromgeschäft von Innogy und das von E.ON. RWE hatte für seinen Teil des Deals bereits die Zustimmung bekommen.

Die von E.ON für die Freigabe zugesagten Verkäufe stellten sicher, "dass der Zusammenschluss in den Ländern, in denen diese Unternehmen tätig sind, nicht zu einer geringeren Auswahl und höheren Preisen führen wird", sagte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Zugesagt ist etwa die Veräußerung der Verträge mit den meisten Heizstromkunden von E.ON in Deutschland sowie die Einstellung des Betriebs von 34 E-Ladestationen an deutschen Autobahnen, erklärte die Kommission. Zudem werde sich E.ON von Strom- und Gasvertriebsgeschäften in Ungarn und Tschechien trennen. Teyssen zufolge handelt es sich insgesamt um rund zwei Millionen Kunden vor allem in Osteuropa. Die Ergebnisbelastung aus der Abgabe dieser Geschäft liege in einem sehr niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich.

Kritik übte umgehend der Hamburger Konkurrent LichtBlick. Die Zugeständnisse änderten nichts an der künftigen Marktmacht von E.ON. "Eine solche Machtkonzentration hat es im deutschen Energiemarkt noch nie gegeben." Der Wettbewerb bleibe auf der Strecke. "Die Auflagenentscheidung der EU für den deutschen Markt wirkt geradezu lächerlich." E.ON werde so stark sein wie nie.

E.ON: WOLLTEN BEI EU NICHT MIT DEM KOPF DURCH DIE WAND


Er sei erleichtert über die Freigabe, insbesondere nachdem Siemens und Alstom sowie Thyssenkrupp und Tata zuletzt mit ähnlichen Plänen am Widerstand der EU-Kommission gescheitert waren, eklärte Teyssen. "Wir haben uns entschieden, auf die Bedenken einzugehen und nicht mit dem Kopf durch die Wand zu gehen." Der Konzern mit rund 70.000 Beschäftigten werde künftig über 50 Millionen Kunden in 15 Ländern betreuen. Teyssen bekräftigte, dass E.ON ab 2022 jährliche Synergieeffekte von 600 bis 800 Millionen Euro anstrebe und hierzu bis zu 5000 Jobs gestrichen werden könnten. Betroffen sein könnten Standorte wie München, Essen und Dortmund, wo es Überschneidungen zwischen E.ON und Innogy gebe. E.ON steigt nach dem bereits erfolgten Verkauf der Kraftwerkstochter Uniper endgültig aus der Stromproduktion aus und setzt auf das Geschäft mit Netzen, den Vertrieb von Strom und Gas sowie auf Kundenlösungen.

KOHLEKONZERN RWE WILL SICH FAST NEU ERFINDEN


Der lange Zeit auf Kohle und Atom setzende RWE-Konzern will sich zu einem der größten Ökostromversorger Europas wandeln. "Brüssel hat heute den Weg freigemacht für die 'neue RWE'", sagte Vorstandschef Rolf Martin Schmitz. "Das macht uns zu einem global führenden Unternehmen im Bereich der Erneuerbaren Energien. Mit jährlichen Investitionen von 1,5 Milliarden Euro netto wollen wir diese Position festigen und weiter ausbauen." Für RWE wachsen die Bäume insbesondere im europäischen Ökostromgeschäft nicht in den Himmel. Der Wettbewerb bei Ausschreibungen wird immer härter und die staatlichen Förderungen gekürzt. RWE-Finanzchef Markus Krebber hatte in einem Reuters-Interview klar gemacht, dass der Konzern bei seinen Investitionen umsichtig bleiben werde. "Erwarten Sie keine Riesentransaktionen. Aber wir wollen in den Erneuerbaren wachsen und dazu muss man sich Optionen offenhalten."

rtr