Der Euro kennt kein Halten mehr: Mit dem Start des EZB-Anleihenkaufprogramms rückt die Parität, bei der Anleger für einen Euro einen Dollar bekommen, immer näher. Am Dienstag fiel die Gemeinschaftswährung auf 1,0733 Dollar und war damit so billig wie seit knapp zwölf Jahren nicht mehr. "Die Abwärtsbewegung dürfte nur schwer aufzuhalten sein", sagte Chris Turner, Stratege bei der ING. Am deutschen Aktienmarkt machten die Investoren nach der jüngsten Rekordjagd Kasse, der Dax verlor 0,6 Prozent auf 11.517 Zähler.
Seit Montag sind die EZB und die nationalen Notenbanken mit dem Kauf von Staatsanleihen am Markt aktiv. Bis voraussichtlich September 2016 wollen sie Wertpapiere im Volumen von rund 60 Milliarden Euro pro Monat erwerben, um der schwächelnden Konjunktur im Euro-Raum neuen Schwung zu verleihen und die zuletzt niedrige Inflation wieder in Richtung der Zielmarke von knapp unter zwei Prozent zu hieven.
Auf Seite 2: RENDITEN VIELER STAATSBONDS MARKIEREN NEUES REKORDTIEF
RENDITEN VIELER STAATSBONDS MARKIEREN NEUES REKORDTIEF
Am Rentenmarkt hinterließen die Bondkäufe deutliche Spuren. Die Kurse stiegen, im Gegenzug fielen die Renditen der zehnjährigen Titel Italiens, Spaniens und Irlands auf ein frisches Rekordtief. Sie warfen zeitweise nur noch 1,224, 1,173 und 0,799 Prozent ab. Auch die zehnjährigen Bundesanleihen rentierten zwei Basispunkte niedriger bei 0,288 Prozent.
Ob die Anleihenkäufe den Euro noch weiter schwächen, dürfte vor allem davon abhängen, wie stark die Käufe der EZB letztlich die Renditen am europäischen Bondmarkt drücken, schrieb Commerzbank-Analyst Lutz Karpowitz in einem Kommentar. "Je stärker diese unter Druck kommen, desto eher dürften sich Investoren, die ihre Papiere an die EZB abgegeben haben, dazu entschließen, außerhalb der Euro-Zone zu investieren. Und dazu müssten sie zunächst den Euro verkaufen."
Beschleunigen könnte sich die Talfahrt des Euro auch dann, wenn die Spekulationen auf eine baldige Zinserhöhung in den USA weiter Auftrieb erhalten. In seiner letzten Rede als Chef der Dallas-Fed warb Richard Fisher am Montag für ein baldiges Ende der ultralockeren Geldpolitik in den USA. Die Notenbank trifft sich Mitte März zu ihrer nächsten Sitzung. Bislang erwarten Fed-Beobachter, dass der historisch niedrige Leitzins von null bis 0,25 Prozent frühestens zur Jahresmitte angehoben wird.
Auf Seite 3: RWE NACH ZAHLEN AUF TALFAHRT
RWE NACH ZAHLEN AUF TALFAHRT
Unter den Einzelwerten am deutschen Aktienmarkt mussten RWE nach der Vorlage der Jahresbilanz Kursverluste hinnehmen. Die Aktien gaben 1,8 Prozent nach und waren damit der schwächste Dax-Wert. Zwar seien die Zahlen für 2014 etwas besser als die Erwartungen ausgefallen, sagte ein Händler. Für Verstimmung sorge jedoch der Ausblick. Der Versorger erwartet im laufenden Jahr einen weiteren Rückgang des betrieblichen Ergebnisses auf 3,6 bis 3,9 Milliarden Euro. Die Aktien des Konkurrenten E.ON, der sich am Mittwoch in seine Bücher schauen lässt, gaben ein Prozent nach. Analysten erwarten wegen hoher Abschreibungen einen Rekordverlust von mehr als drei Milliarden Euro.
Punkten konnte dagegen Hannover Rück mit seinem Zahlenwerk. Der weltweit drittgrößte Rückversicherer hat 2014 überraschend viel verdient und erhöht die Dividende deutlich. Die Titel kletterten um bis zu 5,6 Prozent auf ein Rekordhoch von 92,02 Euro.
Deutlich nach oben ging es auch für Wacker Chemie. Spekulationen auf eine Ausgliederung der Halbleitertochter Siltronic trieben die Titel um vier Prozent in die Höhe. Wacker prüfe zusammen mit der Investmentbank Rothschild Möglichkeiten für eine Abspaltung der Tochter, eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person Reuters.
Reuters