DAS IST LOS BEI INNOGY:
Seit März steht die Innogy-Welt Kopf. Das Unternehmen steht im Zentrum einer Neuordnung der Energiebranche in Deutschland - diesmal allerdings nicht als Akteur, sondern als Filetstück, das die großen Spieler unter sich aufteilen wollen: Mutter RWE und Konkurrent Eon. Die beiden haben angesichts der Auswirkungen der Energiewende in Deutschland sowie des generellen Wandels in der Industrie die Flucht nach vorne angetreten und sich verbündet. Durch einen umfangreichen Tausch von Geschäftsteilen sollen künftig zwei rein aufgestellte Unternehmen stehen, die sich nicht mehr in die Quere kommen.
Eon kümmert sich künftig um Netze und Kunden, RWE um die Stromproduktion. Eon will dazu in einem ersten Schritt Innogy komplett übernehmen und im Gegenzug den Konkurrenten RWE am eigenen Unternehmen mit knapp 17 Prozent beteiligen. Eon würde das lukrative Netzgeschäft und den Stromvertrieb von Innogy behalten, während die erneuerbaren Energien beider Konzerne unter dem Dach von RWE vereint werden. Im Mai könnte dabei die Offerte von Eon offiziell vorgelegt werden. Abgeschlossen werden soll der Deal insgesamt bis Ende 2019.
Die Ereignisse waren vor zwei Jahren, als RWE Innogy in die Unabhängigkeit entlassen hatte, so nicht abzusehen. Damals hatte RWE als Reaktion auf den eingeleiteten Atomausstieg sein Zukunftsgeschäft mit Netzen, Vertrieb und Ökostrom in Innogy gebündelt und im Herbst 2016 an die Börse gebracht. Diese Lösung galt lange als smarter als der Weg von Eon, der sein konventionelles Kraftwerksgeschäft unter dem Namen Uniper abspaltete und ebenfalls an die Börse brachte.
So galt Innogy als Wachstumsunternehmen, das durch die Netze zudem stabile Erträge verbuchen konnte, während Uniper zunächst als eine Art "Bad Bank" von Eon verspottet wurde. RWE hatte sich zudem als langfristiger, unterstützender Aktionär positioniert, hingegen hatte Eon schnell klargemacht, sich zügig von den restlichen Uniper-Anteilen trennen zu wollen. Übernahmegerüchte rankten sich dabei seit dem Börsengang um Innogy.
Innogy selbst hatte nach dem Raketenstart zudem selbst zunehmende Probleme und Unruhe im Haus zu verzeichnen: Der Konkurrenzdruck stieg, was Ende vergangenen Jahres in eine überraschende Gewinnwarnung und nach zusätzlichen Streitereien über Milliardeninvestitionen schlussendlich in den Abgang des Chefs Peter Terium mündete.
Trotz der drohenden Aufspaltung will Innogy auf sein Geschäft konzentrieren, den Ausbau neuer Energien vorantreiben und in Breitband investieren. Für Interims-Vorstandschef Uwe Tigges steht zudem nun die Sicherung von Arbeitsplätzen bei Innogy im Vordergrund. Hatte Eon doch angekündigt, im Zuge der Transaktion 5000 Stellen im neuen Unternehmen abzubauen.
Für weitere Unruhe sorgte zudem ein Investor, der Interesse für Teile von Innogy geäußert hat - unter anderem das Tschechien-Geschäft. Dem Vernehmen nach soll es sich um den Infrastrukturinvestor Macquarie handeln, der bereits Mitgesellschafter an dem Innogy-Erdgasnetz in Tschechien ist. Das könnte womöglich die Verhandlungsbasis von Tigges gegenüber RWE und Eon stärken.
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Nach Bekanntwerden der geplanten Zerschlagung hat das Interesse der Analysten an Innogy erheblich nachgelassen. Die überwiegende Zahl der im dpa-AFX Analyser aufgeführten Experten sind der Aktie gegenüber mittlerweile neutral eingestellt. Nur einer empfiehlt sie zum Kauf. Die Analysten halten das Angebot von Eon für Innogy für attraktiv und empfehlen den Anlegern, es anzunehmen - so etwa Ingo Becker von Kepler Chevreux oder Werner Eisenmann von der DZ Bank.
Die Innogy-Aktionäre sollen insgesamt 40 Euro je Anteilsschein bekommen. Dies setzt sich aus einem Angebotspreis von 36,76 Euro je Aktie zusammen plus die erwarteten Dividenden von insgesamt 3,24 Euro je Aktie. Auch habe die Übernahme Sinn, die Geschäfte passten jeweils gut zueinander, heißt es. So hält Sven Diermeier das Geschäft von Eon und Innogy für strukturell und regional recht identisch. Da RWE an Innogy mit 77 Prozent den Löwenanteil hält, sehen Analysten auch keine entscheidenden Hindernisse für die Transaktion, auch wenn die wettbewerbsrechtliche Genehmigung noch aussteht.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Am 7. Oktober feierte Innogy sein erfolgreiches Börsendebüt mit einem ersten Kurs von 37,30 Euro. Der Platzierungspreis hatte bei 36 Euro gelegen. Die Aktie stieg danach kontinuierlich bis auf ihr Hoch von 42,30 Euro Anfang November vergangenen Jahres. Dann war es aus mit der Herrlichkeit. Nach der überraschenden Gewinnwarnung Mitte Dezember ging es rapide abwärts, binnen weniger Tage verloren die Papiere in der Spitze um fast 20 Prozent. Anfang Februar erreichte das Papier sein Tief bei 29,36 Euro.
Die geplante Übernahmeofferte im März ließ die Aktie dann wieder nach oben springen - zeitweise über den Angebotspreis von 40 Euro. Die Euphorie ist inzwischen abgeflacht, die Aktie dümpelt seitdem zwischen 37 und 38 Euro.
dpa-AFX