Es muss etwas passieren, das ist allen klar: Deutschland muss sich anstrengen, um die von der EU beschlossenen Klimaziele 2030 zu erreichen. Doch auch bei seiner dritten Sitzung hat das sogenannte Klimakabinett der Bundesregierung noch keine konkreten Schritte vereinbart. Dabei drängt die Zeit. Am 20. September will die Regierung ein Maßnahmenpaket verabschieden. "Aber bis dahin ist noch eine Menge zu tun", sagte Umweltbundesministerin Svenja Schulze (SPD) nach der Sitzung.
Das Gesetz soll sicherstellen, dass die Klimaziele für 2030 erreicht werden. Konkrete Instrumente sollen zwar erst im September beschlossen werden, es zeichnet sich aber ein Konsens dafür ab, den CO2-Ausstoß höher zu belasten. Während Schulze hier eine CO2-Steuer auf Sprit oder Heizöl fordert, tendiert die Union eher zur Ausgabe von CO2-Verschmutzungsrechten, die allmählich gekürzt werden. Beides würde aber Sprit, Heizöl und auch Flugbenzin - das derzeit nicht besteuert ist - verteuern.
Ifo-Experte: Vorreiterrolle
"Deutschland könnte eine wichtige Vorreiterrolle im Klimaschutz übernehmen", sagte Johann Wackerbauer, Umweltexperte des Münchner Ifo Instituts zu €uro am Sonntag. "Der globale Klimaschutz hängt davon ab, dass alle Länder mitmachen." Der Anteil Deutschlands am globalen CO2-Ausstoß betrage nur zwei Prozent, der Anteil der EU-Länder zehn Prozent. "Kommt es nicht zu international abgestimmten Maßnahmen, wäre eine deutsche Vorreiterrolle teuer erkauft", so Wackerbauer. "Die Verbraucher müssten höhere Preise fürchten, die Wirtschaft höhere Energie- und Produktionskosten."
Besonders hart träfe es Konzerne, die bei ihrer Produktion viel CO2 ausstoßen oder verbrauchen wie Firmen der Stahl-, Zement-, Papier- oder Chemiebranche.
Etwa BASF. "Generell setzt sich BASF für eine globale Bepreisung von CO2 ein", teilte der Chemiekonzern auf Anfrage mit. Solange diese aber nur regional wie auf EU-Ebene oder - noch schlechter - nur national erfolge, sei eine Differenzierung nötig. Die müsse verhindern, dass energieintensive Industrien ins Ausland abwandern.
Auch die Autobranche wäre betroffen: "Die Autokonzerne haben nicht mehr wirklich viel Zeit, ihre Brennstoffzellen und E-Mobility-Konzepte in den Markt zu bringen", sagte Andreas Lipkow, Marktbeobachter der Comdirect. Auch Fliegen könnte teurer werden. Dafür hatte sich Umweltministerin Schulze ausgesprochen: "Es kann nicht sein, dass auf bestimmten Strecken Fliegen weniger kostet als Bahnfahren."Lufthansa wies auf Anfrage darauf hin, dass die Fluggesellschaft bereits seit 2012 Teil des EU-Emissionshandels sei und die Branche innerhalb Europas CO2-neutral wachse.
Nationale Maßnahmen wie Steuern oder Abgaben führten im Luftverkehr nicht zu weniger CO2-Emissionen, sondern nur zu einer Verschiebung in Regionen, wo keine oder geringere Abgaben erhoben würden. "Konkurrenz aus der Türkei, den Golfstaaten oder aus Asien können Passagiere aus Europa befördern, obwohl sie nirgendwo einem Emissionshandel ausgesetzt sind."
Höhere Kosten für Verbrauch
Nutznießer in der Industrie wären die Produzenten grüner Energien. "Klarer Gewinner werden die europäischen Strom- konzerne mit dem Fokus auf regenerativer Energie sein, namentlich RWE und Enel", sagt Marktbeobachter Lipkow. Zu den Verlierern zählt er die "klassischen Rohölkonzerne wie Shell und auch Eon". Der Konzern habe sich stark auf Gas fokussiert und könnte von der künftig höheren Belastung fossiler Energieträger stärker betroffen sein. "Insgesamt erwarte ich aber insgesamt Mehrbelastungen aller privaten Haushalte, da ich keine klare Tendenz zur Abgabenminderung bei der geplanten Reform erkennen kann", sagte er. "Viel Makulatur mit einer klaren Botschaft: Fossile Energieträger werden zukünftig teurer."