Aus einer deutschen oder europäischen Perspektive mögen die hervorragenden Geschäftszahlen der Luxuskonzerne zum Auftaktquartal 2021 verwundern. Sie zeigen jedoch, dass die Branche global aufgestellt ist und Kunden neue Wege für den Einkauf wählen. Während sich Länder in Europa noch von Lockdown zu Lockdown hangeln und Corona-Restriktionen schwer auf dem stationären Handel lasten, werden andernorts oder über das Internet Rekordumsätze erzielt. Allen voran in China brummt das Geschäft mit den kostspieligen Gütern.

Das Umsatzwachstum in Asien und besonders im Reich der Mitte ist enorm: Bei Luxuskonzern LVMH stieg der Umsatz in der Region Asien-Pazifik, ohne Japan, im Vergleich zum Vorjahresquartal um satte 86 Prozent. Konkurrent Kering erzielte ein Plus von 83 Prozent und bei Hermès ging es in der Region sogar um 94 Prozent nach oben.

China mit Sondereffekten

Die Zahlen sind durch zwei Effekte nach oben verzerrt. Zum einen war China schon zu Beginn des ersten Quartals 2020 von strikten Maßnahmen gegen die Pandemie betroffen. Das heißt, die Vergleichsbasis ist niedrig. Zum anderen haben viele Chinesen aufgrund der weltweiten Reisebeschränkungen ihr Einkaufsverhalten geändert. Statt eine Fernreise nach Europa mit dem Einkauf in den Flagshipstores der Luxusmarken in London, Paris oder anderen Metropolen zu verbinden, kauften sie in den Großstädten Chinas. Um also die Quartalszahlen besser einschätzen zu können, lohnt sich auch der Blick auf die Werte des Jahres 2019.

LVMH führt in seinen verschiedenen Sparten so klangvolle Marken wie Louis Vuitton, Christian Dior, Fendi, Dom Pérignon, Guerlain und Bulgari. Im Vergleich zu den Konkurrenten Kering oder Hermès ist LVMH mit seinem Markenportfolio sehr breit aufgestellt. Der Leitstern unter den Luxusanbietern veranlasste mit seinem starken ersten Vierteljahr die Analysten der Berenberg Bank zu der Formulierung "phänomenal". Das Ergebnis von fast 14 Milliarden Euro Umsatz bedeutet ein Plus von 32 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2020 und eine Steigerung von acht Prozent im Vergleich zu 2019. Mitverantwortlich für den Umsatzschub war die seit Januar konsolidierte Juwelierkette Tiffany.

LVMH erzielte mehr als 40 Prozent des Umsatzes in der Region Asien (ohne Japan). Zum Vergleich: Europa ohne Frankreich steuerte lediglich 13 Prozent bei und war damit um neun Prozent rückläufig. Für den Jahresverlauf hofft das Unternehmen auf die Erholung der Wirtschaft in Europa und erwartet Wachstum in allen Geschäftsbereichen, also auch in der Sparte des ausgewählten Einzelhandels mit der Parfümeriekette Sephora und der Beteiligung an Duty-free-Shops. Die recht kleine Sparte hatte als einzige einen rückläufigen Umsatz ausgewiesen.

Fokus auf Mode

Auch Kering, der überwiegend auf Mode spezialisierte Konzern, ist der Start ins Jahr gelungen. Mit Marken wie Gucci, Yves Saint Laurent und Bottega Veneta stieg der Umsatz um mehr als 21 Prozent auf fast vier Milliarden Euro. Allein Gucci steigerte den Umsatz um rund ein Viertel. Damit war sie für etwa 60 Prozent des Gesamtumsatzes und aufgrund der Positionierung im obersten Preissegment für etwa 80 Prozent des Gewinns verantwortlich. Bemerkenswert deutlich zeigte sich der Trend zum Kauf über das Internet. Der Online-Umsatz legte um mehr als das Doppelte zu und trägt damit 14 Prozent zum Gesamtumsatz von Kering bei.

Der dritte französische Luxuskonzern aus dem Pariser Leitindex CAC 40, Hermès, übertrifft die Konkurrenten sogar noch beim Umsatzwachstum des ersten Quartals - ein Plus von 51 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2020 und ein Plus von 41 Prozent im Vergleich zu 2019 steht hier zu Buche. Hochpreisiges und Extravagantes von Hermès ist weltweit gefragt und das Wachstum steht auf breiter Basis. Alle Regionen trugen mit zweistelligen Zuwächsen zum Erfolg bei, lediglich in Frankreich und Europa (ohne Frankreich) sanken die Verkaufszahlen. Auch im Hinblick auf die Produkte zeigt sich das gute Abschneiden aller Sparten. Mit eine Plus von 96 Prozent bildete die Uhrensparte die Spitze.

Um den kurzfristigen Unternehmensausblick für 2021 mit den schwer abzusehenden weiteren Auswirkungen der Pandemie zu umschreiben, wählte Hermès die Odyssee als Thema des Jahres: Das Unternehmen führe seine Reise mit Zuversicht fort, trotze den Wechselfällen der Welt und bleibe sich selbst treu. Ähnlich offen, aber weniger lyrisch heißt es zum mittelfristigen Ausblick, Hermès habe trotz ökonomischer, geopolitischer und monetärer Unsicherheiten ambitionierte Ziele für das Umsatzwachstum.

Zu allem Überfluss erhalten die Aktienkurse der Branche Rückenwind durch Übernahmegerüchte. Erst jüngst wurde über Kaufinteresse an der Modemarke Hugo Boss spekuliert. Die Papiere legten zeitweise um bis zu elf Prozent zu: Beleg, dass noch Fantasie in der Branche steckt.
 


INVESTOR-INFO

LVMH

Größenvorteile

Der Weltmarktführer für Luxusgüter besitzt eine große Zahl wachstumsstarker Marken mit weltweit gutem Klang und hohen Margen. LVMH profitiert aufgrund seiner breiten geografischen Diversifikation deutlich vom Trend zu Luxusgütern in den Schwellenländern. Die gute Kapitalausstattung erlaubt es dem Unternehmen, die erfolgreiche Akquisitionsstrategie weiter zu verfolgen: kleine Wettbewerber übernehmen und mit der globalen Expertise von LVMH auf höchstes Niveau heben. Attraktiv.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 730,00 Euro
Stoppkurs: 513,00 Euro

Kering

Starke Marge

Die Corona-Krise hat Kering bislang gut überstanden. Die jüngsten Zahlen sind vergleichbar stark wie die der Konkurrenz. Die Positionierung der für den Konzern wichtigen Modemarke Gucci im obersten Preissegment kommt voran und verbessert die ohnehin hohe Profitabilität. Auch andere Marken wie Bottega Veneta oder Brioni entwickeln sich positiv. Die recht hohe Abhängigkeit von Gucci birgt jedoch Risiken. Im Marktumfeld überwiegen aber die Chancen.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 780,00 Euro
Stoppkurs: 505,00 Euro

Hermès

Teurer Luxus

Die sehr guten Ergebnisse der Konkurrenten hat Hermès im ersten Quartal noch einmal überboten. Allerdings ist die Aktie schon sehr gut gelaufen und hat die Preisziele vieler Analysten erreicht. Entsprechend rät die Mehrheit der Experten, die Papiere lediglich zu halten. Um den derzeitigen Aktienkurs zu rechtfertigen, müssen die Gewinne bereits auf Jahre deutlich zulegen. Abwarten.

Empfehlung: Beobachten
Kursziel: 1.100,00 Euro
Stoppkurs: 920,00 Euro