BÖRSE ONLINE: Herr Roshan Zamir, E.ON und RWE wollen Innogy unter sich aufteilen. Der Strommarkt steht damit vor einer Neuordnung. Wer ist der Gewinner des Deals?
Ein klarer Gewinner ist unseres Erachtens nicht festzustellen. RWE konnte zwar das "Klumpenrisiko", dass die Finanzbeteiligung an Innogy darstellte, reduzieren, muss aber dafür ein verwässertes Profil in Kauf nehmen. Die konventionelle Stromproduktion als auch die Erneuerbaren Energien sind jetzt wieder bei RWE unter einem Dach zu finden, was genau genommen ursprünglich gerade als Argumentation für die Aufspaltung diente. E.On wird zwar zum führenden deutschen Verteilnetzbetreiber und hat sich mit dem Netz- und Retailgeschäft, die profitabelsten Geschäftsbereiche von Innogy gesichert. Die vollständige Aufgabe der grünen Stromproduktion könnte sich aber vor allem langfristig negativ auf die Geschäftsentwicklung auswirken.
RWE will sich künftig vor allem auf die Stromerzeugung konzentrieren, E.On auf den Stromhandel und -vertrieb. Welches Geschäft hat die größere Zukunft?
Sollte es in den kommenden Jahren zu einem fortlaufenden Anstieg im Großhandelsstrompreis kommen, wird sicherlich RWE als größter Stromerzeuger in Deutschland deutlich stärker profitieren. Eon verfügt mit dem Netzgeschäft und dem Stromvertrieb eine sichere Bank. Ob aber mehr drin ist hängt von der Entwicklung von neuen Produkten ab, wie beispielsweise Smart Home Applications und e-Mobility. Der Erfolg ist da nicht vorprogrammiert und insbesondere kleinere Player können bei diesen Anwendungen den Großen Konkurrenz machen.
RWE hat sich mit der Abspaltung von Innogy auf die traditionelle Stromerzeugung konzentriert. Jetzt holt sich der Konzern das Geschäft mit erneuerbaren Energien wieder zurück. War es ein strategischer Fehler, Innogy abzuspalten?
Aus Investorensicht ist es immer besser eine klare Strategie zu verfolgen, die sich dann auch in der Unternehmensstruktur wiederfindet. Insofern war die klare Trennung zwischen grüner Tochter und dem konventionellen Stromproduzent RWE durchaus begrüßenswert und das hat sich zu Beginn auch im Aktienkurs gezeigt. Schlussendlich war es wohl aber nicht praktikabel, Innogy als reine Finanzbeteiligung zu führen weil, RWE weiterhin sehr stark von der Geschäftsentwicklung bei innogy abhängig war.
Die Kommunen sind bei RWE traditionell sehr stark. Das Echo auf den geplanten Deal war in ersten Reaktionen eher verhalten. Erwarten Sie, dass die Kommunen zustimmen oder den Deal doch noch stoppen könnten?
Die Kommunen werden sicherstellen wollen, dass RWE weiterhin eine stabile Dividende auszahlen wird. Das sollte aufgrund des 17-prozentigen Anteils an E.On gewährleistet sein. Außerdem hat man mit E.On ein deutsches Unternehmen als neuen Eigner gefunden. Auch das spricht für eine wahrscheinliche Zustimmung.
E.On bietet den Innogy-Minderheitsaktionären 40 Euro je Aktie. Lohnt es sich, auf höhere Kurse zu spekulieren?
Wir bewerten die Innogy-Aktie derzeit mit einem fairen Wert von 36,20 Euro pro Aktie und erwarten eine Dividende von 1,60 Euro pro Aktie für 2017 und 2018. Daher erscheint uns das Angebot von 40 Euro (inkl Dividendenzahlungen) pro Aktie plausibel.
Könnten bei Innogy - wie bei Uniper mit Paul Singer geschehen - Hedgefonds einsteigen, die den Kurs nach oben treiben?
Dieses Szenario ist natürlich vorstellbar. Jedoch ist zu bedenken, dass sich ein Großteil von Innogy’s Unternehmenswert aus dem regulierten Netzgeschäft ableitet. Das schränkt die Möglichkeit mit stark abweichenden Bewertungsannahmen zu arbeiten stark ein.
Zur Person: Arash Roshan Zamir ist seit 2014 Analyst bei Warburg Research. Er ist unter Anderem zuständig für Energieunternehmen.