Die Spekulationen um einen Verkauf von Innogy ließ der Investmentbanker bei seinen Prognosen jedoch außen vor. Ende der vergangenen Woche wurde RWE von Gerüchten beflügelt, nach denen der Konzern eine Übernahme seines Tochterunternehmens durch den französischen Rivalen Engie prüfe. Berater haben RWE demnach vorgeschlagen, seine 76,8 Prozent-Beteiligung an der Ökostromtochter Innogy an den französischen Konzern Engie abzugeben. Im Gegenzug sollten sich die Franzosen an RWE beteiligen. Noch gebe es aber keine direkten Gespräche der Konzerne. Gut 14 Milliarden Euro ist das Innogy-Paket von RWE aktuell Wert. Engie kommt dagegen auf eine Marktkapitalisierung von 32 Milliarden Euro. Sollte es zu einem Zusammenschluss kommen, dürfte sich der Anteil von RWE an einem kombinierten Unternehmen somit auf etwa ein Drittel belaufen.
Gerüchte über eine weitere Konsolidierung der europäischen Strombranche gibt es bereits seit einiger Zeit. Engie-Chefin Isabelle Kocher hatte bereits angekündigt, das Geschäft mit den Erneuerbaren Energien ausbauen zu wollen. Allerdings ist die Managerin mit diesem Wunsch nicht allein, zahlreiche Versorger wollen ihr Angebot an grünem Strom erweitern. Angesichts des begrenzten Angebots ist Innogy ein attraktives Übernahmeziel. Mit einem Bündnis könnten die Konzerne eine Art "Airbus der Energiebranche" schmieden. Über eine derartige Kombination hatten die Regierungen beider Länder in der Vergangenheit öfter gesprochen. Dickens allerdings erkennt in der Kombination beider Unternehmen wirtschaftlich keine Vorteile, während Barclays Analyst Mark Lewis erhebliche politische Hürden für einen derartigen Deal sieht. Die jüngste Kursentwicklung bei den beteiligten Unternehmen zeige, dass ein solches Geschäft vor allem zu Lasten der Franzosen gehe. Auch unter dem neuen Präsidenten Macron sei die Unterstützung durch die Regierung nicht offensichtlich.
Doch auch ohne die Fusionsgerüchte scheint bei dem Unternehmen aus Essen derzeit die Richtung zu stimmen. Beim operativen Gewinn hat RWE im ersten Quartal wegen gesunkener Strompreise zwar im Großhandel über sechs Prozent weniger als im Vorjahr verbucht. 2,13 Milliarden Euro Ebitda waren aber deutlich mehr, als von Analysten erwartet. Im Gesamtjahr 2017 will RWE schwarze Zahlen schreiben. Gestartet sind die Essener wegen eines besseren Finanzergebnisses mit 946 Millionen Euro Nettogewinn, zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Strom aus deutschen Braunkohle- und Kernkraftwerken lieferte mit 213 Millionen Euro knapp die Hälfte weniger als im Vorjahr. 167 Millionen Gewinn, ein Plus von 13 Prozent, erwirtschafteten die europaweiten Steinkohle-, Gas- und Biomassekraftwerke. Darüber hinaus floss der überwiegende Anteil des Nettoertrags von Innogy in die Kassen des DAX-Konzerns.
Dank der guten operativen Entwicklung dürfte RWE sich in den kommenden Jahren zu einem soliden Dividenwert entwickeln. Für die Analysten von Morgan Stanley sind es insbesondere die kommenden Ausschüttungen, die den Kurs in Zukunft steigern sollen. Die Aktienexperten erwarten, dass für 2017 55 Cent Dividende je Aktie ausgekehrt werden und die Ausschüttungen in den beiden folgenden Jahren auf 60 und 70 Cent steigen. Darüber hinaus hält es die Investmentbank für wahrscheinlich, dass RWE nach dem guten ersten Quartal seine Prognose zur Jahresmitte erhöht.
Auf Seite zwei: Einschätzung der Redaktion
Einschätzung der Redaktion
Die RWE-Aktie profitiert derzeit von positiven Analystenkommentaren, einem guten operativen Geschäft sowie Fusionsspekulationen. Auch ohne letztere kann der Kurs weiter steigen. Im Vergleich zu anderen Versorgern wie etwa E.ON wird RWE niedriger bewertet. Grund: die Börse verlangt wegen der Aufteilung des Geschäftes zwischen RWE und Tochter Innogy einen Konglomeratsabschlag. Ist RWE aber auch in den folgenden Quartalen erfolgreich, sollte die steigende Sicherheit der Dividendenzahlungen diesen Abschlag reduzieren. Kaufen.
Kursziel: 20,00 Euro
Stoppkurs: 13,80 Euro