Terium richtete sich zeitweise wie einst der frühere Apple Chef Steve Jobs mit Headset am Kopf, stark gestikulierend und über die Bühne schreitend an die Anleger. Der Konzern stehe wegen der stark gefallenen Strombörsenpreise vor einem erheblichen finanziellen Risiko. "Und das in einem ohnehin schon katastrophalen Marktumfeld." Der Niederländer warb für seinen Kurs, wonach das zukunftsträchtige Geschäft mit Ökostrom, Netzen und dem Strom- und Gasvertrieb in eine Tochter ausgelagert wird, von der im Herbst zehn Prozent an die Börse gebracht werden sollen. Die Mutter RWE profitiere dann vom Wachstum und den Dividenden der Tochter. "Und sie kann jederzeit weitere Anteile verkaufen."
KOMMUNEN GEBEN RWE ZEIT
Auch die Kommunen arrangieren sich mit diesen Plänen. "Wir orientieren uns an der Zukunft", sagte Verbandsvertreter Gerlach zu Reuters. Das Unternehmen solle vom Vorstand zukunftsfähig aufgestellt werden. "Wir werden das sehr kritisch begleiten und nach ein, zwei Jahren ein Resümee ziehen." Gerlach bekräftigte, dass die Kommunen auch im Aufsichtsrat der geplanten neuen Tochtergesellschaft vertreten sein wollen. "Darüber gab es konstruktive Gespräche mit dem Vorstand." Es gebe aber weder Beschlüsse, noch wolle er Details nennen.
Zwar gab es auch Kritik an der Dividendenentscheidung. "Heute gilt es Trauerflor zu tragen", sagte etwa ein Anleger. Die noch vor Wochen erwarteten großen Proteste blieben auf der Hauptversammlung jedoch aus. RWE hatte 2015 einen Verlust von 170 Millionen Euro eingefahren. Vorstand und Aufsichtsrat schlugen deshalb vor, den Vorzugsaktionären eine Dividende von 13 Cent je Aktie zu zahlen und den Stammaktionären gar nichts. Bei den ohnehin von der Flüchtlingskrise gebeutelten Kommunen, darunter Städte wie Dortmund, Bochum oder Essen, hatte dies für große Verärgerung gesorgt. Einige hatten erwogen, Terium durch die Nicht-Entlastung auf der Hauptversammlung einen Denkzettel zu verpassen. Die Kommunen halten knapp ein Viertel der Anteile.
ANLEGERSCHÜTZER UNTERSTÜTZEN DIVIDENDENSTREICHUNG
Einige Anlegervertreter stellten sich ausdrücklich hinter die Ausschüttungspolitik. "Schon in den letzten Jahren hätte die Dividende gekürzt oder gestrichen werden sollen", sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler. Union Investment-Portfolio-Manager Ingo Speich stieß in dasselbe Horn: "RWE steht mit dem Rücken zur Wand und kann es sich derzeit nicht leisten, mehr Geld an die Aktionäre auszuschütten."
Statt der erwarteten Proteste der Kommunen sorgten Gegner der Kohlekraftwerke für Tumulte. Während der Rede von Terium stürmten mehrere Demonstranten unter den Rufen "Eure Zeit ist abgelaufen" die Bühne. Sie wurden von Aufsichtsratschef Manfred Schneider des Saals verwiesen und von Ordnern herausgebracht. Terium setzte seine Rede nach etwa zehn Minuten fort, ehe er erneut durch Zwischenrufe kurz unterbrochen wurde. "Das war die zweite Schicht", sagte Terium. "Ich bin gespannt, wie viele Schichten noch kommen." RWE erzeugt über die Hälfte seines Stroms aus Kohlekraftwerken.
Reuters