Der zweitgrößte deutsche Energieversorger RWE kommt nicht aus der Krise. Wer die Ausführungen von Finanzchef Bernhard Günther bei einer Telefonkonferenz am Donnerstagvormittag verfolgt, hörte vor allem Worte wie "gesunken", "verringert", "Rückgang", "weniger", "belastet" oder "unter dem Vorjahresniveau". So sank der Vorsteuergewinn (EBITDA) im Vergleich zu den ersten neun Monaten des Vorjahres um mehr als 22 Prozent auf 4,7 Milliarden Euro. Das Betriebsergebnis ging um 31 Prozent auf 2,9 Milliarden zurück. Das so genannten nachhaltigen Nettoergebnis - die Bemessungsgrundlage für die Dividende - brach sogar um 60 Prozent ein. Ein wichtiger Grund für den Rückgang ist ein Sondereffekt im Vorjahr: Damals hatte der russische Energiekonzern Gazprom den Essenern mehr als eine Milliarde Euro als Entschädigung für überteuerte Gaslieferungen zurückerstattet.

Dennoch gibt es keinen Grund zur Entwarnung für RWE. Das Unternehmen verdient immer weniger im einstigen Kerngeschäft, der konventionellen Stromerzeugung. Wie auch bei Konkurrent E.ON hinterlässt die Energiewende deutliche Spuren in der RWE-Bilanz. Da die staatlich geförderten Erneuerbaren Energien das Stromangebot stark haben, sind die Preise an der Leipziger Strombörse stark gefallen. Dadurch rentieren sich konventionelle Kohle- und Gaskraftwerke, die einstigen Gewinnbringer, immer weniger.

Neben den operativen Schwierigkeiten stößt RWE beim geplanten Verkauf der Öl- und Gas-Fördertochter RWE Dea auf Probleme. Ursprünglich sollte sie noch in diesem Jahr für rund fünf Milliarden Euro an eine Investorengruppe um den russischen Oligarchen Michail Fridman verkaufen. Doch einem Bericht der Zeitung Financial Times zufolge verweigert die britische Regierung bislang die Genehmigung - mit Verweis auf die Sanktionen gegenüber Russland infolge der Ukraine-Krise. Sie hat ein Mitspracherecht, weil Dea auch im britischen Teil der Nordsee Gas fördert.

Man arbeite daran, die Transaktion zügig abzuschließen, heißt es dazu bei RWE. "Ob wir die Gespräche hierzu bereits 2014 abschließen können, lässt sich derzeit nicht absehen", schreibt Vorstandschef Peter Terium im Vorwort zum Quartalsbericht. Allerdings ist der Verkauf bereits fest einkalkuliert. Verzögert er sich ins kommende Jahr oder scheitert ganz, belastet dies den Gewinn.

Auf Seite 2: Die Aussichten



Auch wenn Konzernchef Terium in den ersten neun Monaten "mehr Licht als Schatten" sieht, scheint die Lage des Unternehmens aussichtslos. Das Kerngeschäft schrumpft weiter. Außer Geschäftsbereiche zu verkaufen, um die hohen Schulden zu tilgen, und Kritik an der Bundesregierung zu üben, fällt dem Unternehmen wenig ein.

Henri Proglio, Chef des französischen Konkurrenten EDF, brachte die Lage in der die deutschen Energiekonzerne sich befinden jüngst auf den Punkt: Der deutsche Energiemarkt sei ein Desaster und "die beiden wichtigsten Unternehmen E.ON und RWE sind unter großem Druck. Eines ist mehr oder weniger tot, das andere in einer sehr schwierigen Situation", zitierte ihn die Financial Times.

Wir stufen die RWE-Aktie herunter - von Beobachten auf Verkaufen.