Eigentlich haben die Aktionäre des DAX-Konzerns RWE keinen Grund für schlechte Stimmung. Wie Vorstandschef Rolf Martin Schmitz am Donnerstag mitteilte, stieg der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebitda) von "RWE Stand alone" in den ersten neun Monaten auf 1,5 Milliarden Euro - 200 Millionen mehr als im vergangenen Jahr. Das Nettoergebnis verbesserte sich innerhalb eines Jahres von 645 Millionen auf 854 Millionen Euro und die Jahresprognose des bereinigten Ebitda wird von ursprünglich 1,4 bis 1,7 Milliarden Euro auf 1,8 bis 2,1 Milliarden Euro angehoben.
Handelsgeschäfte als Haupttreiber - Dividende bestätigt
Verantwortlich für die guten Zahlen der ersten neun Monate des laufenden Geschäftsjahres war vor allem der Energiehandel, der allerdings sehr schwankungsanfällig ist. Der operative Gewinn der Sparte verdreifachte sich auf 545 Millionen Euro. Zudem erwartet RWE noch Rückzahlungen durch die Wiederaufnahme des britischen Kapazitätsmarktes in Höhe von rund 230 Millionen Euro. Die angepeilte Dividende für 2019 von 80 Cent je Aktie wurde bestätigt.
Aufgrund der Neuaufstellung legt das Unternehmen unter dem Namen "RWE Stand Alone" nur Zahlen vor, welche die Sparten Braunkohle und Kernenergie, die europäische Stromerzeugung sowie den Energiehandel beinhalten. Die ehemalige und mittlerweile zerschlagene Tochter Innogy wird - abgesehen von der Dividende - nicht mehr berücksichtigt. Auch das neue Geschäft mit Erneuerbaren Energien ist in den Zahlen noch nicht enthalten. Wie RWE aber betont, entwickelt es sich aber bereits weiter. So hat die neue Sparte beispielsweise zuletzt in den USA, Großbritannien und Polen weitere Windkraft und Solarprojekte in Angriff genommen und Verträge geschlossen.
Durch den Ende September umgesetzten Deal mit Eon steigt RWE quasi aus dem Nichts zum weltweit fünftgrößten Anbieter von regenerativen Energien auf. Möglich wird das durch die Übernahme der Wind- und Solarparks von Eon und Innogy. Und der Neustart scheint Früchte zu tragen. An der Börse wurden die Pläne für den Umbau des Konzerns vom Kohle-und Atomstromproduzenten zum Großanbieter für Ökostrom gut angenommen. Seit Jahresbeginn sind die Papiere von RWE rund 40 Prozent im Plus.
Auch Finanzchef Markus Krebber betonte: "Wir haben eine finanzielle Basis, die wieder Wachstum ermöglicht - gerade im Geschäft mit Erneuerbaren Energien, wo wir über eine hervorragende Perspektive verfügen. Das sind gute Gründe, die anstehenden Aufgaben mit großem Optimismus anzugehen."
In Deutschland produziert RWE - entgegen dem neuen Öko-Image - aktuell aber noch viel Strom aus der als besonders klimaschädlich geltenden Braunkohle. Das soll sich erst in den nächsten Jahren ändern. Aktuell laufen in Berlin die Verhandlungen mit der Bundesregierung über die Bedingungen des Kohleausstiegs. RWE ist zum Ausstieg bereit, verlangt aber einen angemessenen Fahrplan für die Schließung der Tagebaubetriebe - und vor allem eine ausreichende Entschädigung. Dem bisherigen Zeitplan zufolge, sollen die Atom- und Kohlekraftwerke in Deutschland bis 2022, beziehungsweise bis 2038 vom Netz gehen.
Die Neuaufstellung des deutschen Energieriesen schafft aber auch eine große Erwartungshaltung. So zeigten sich Anleger, Analysten bei Bloomberg zufolge, enttäuscht über die erwartete Gewinnerwartung für 2020 in der Sparte für regenerative Energien. Das bereinigte Ebit soll nur noch zwischen 1,3 und 1,5 Milliarden Euro liegen. Anleger hatten sich mehr erhofft. Zudem falle der erwartete Gewinn für 2019 zum Teil nur wegen der Sondereffekte durch die Nachzahlungen aus Großbritannien so hoch aus. Die Papiere des Energiekonzerns gaben im Tagesverlauf am Donnerstag daher um mehr als vier Prozent auf 25,36 Euro nach. Der tiefste Stand seit fast drei Monaten.
Erneuerbare Energien: Ein riesiger Markt
Trotz des aktuellen Rücksetzers scheint der Energieriese für die Zukunft gut aufgestellt zu sein. Der Fokus auf regenerative Energien bietet angesichts der Herausforderungen der Klimakrise ein enormes Wachstumspotenzial. Zehn Billionen Euro könnten bis 2050 weltweit in den Ausbau investiert werden, sagen Experten von der US-Bank Goldman Sachs. RWE plant sich mit Investitionen von jährlich 1,5 Milliarden Euro am Ausbau der regenerativen Stromerzeugung, besonders an Offshore Windparks, zu beteiligen. Risikobereite Anleger können den aktuellen Rücksetzer zum Einstieg nutzen.
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