"Die jüngste Volatilität am Aktienmarkt hat trotz des widerstandsfähigen Geschäfts offenbar doch einen deutlicheren Einfluss auf die Bewertung als erwartet", schrieb Analyst Günther Hollfelder von Baader Helvea. Zwischen 26 und 31 Milliarden Euro soll Siemens Healthineers zum Börsenstart am 16. März wert sein. Analysten hatten im Vorfeld bis zu 40 Milliarden Euro errechnet.

"Der Markt hilft nicht, und Trumps Handelskrieg auch nicht", sagte ein an der Transaktion beteiligter Banker der Nachrichtenagentur Reuters. Siemens habe zu wenig getan, um die öffentliche Euphorie im Vorfeld zu dämpfen, sagte ein anderer Insider. "Dabei kam es doch auf das Volumen nicht an. Siemens hat ohnehin keine Verwendung für das Geld." Die Emission war immer wieder mit dem Börsengang der Deutschen Telekom vor 20 Jahren verglichen worden, dem mit gut zehn Milliarden Euro größten in Deutschland überhaupt. Nun reicht es wohl nicht einmal für den Titel der größten Emission des Jahrzehnts. Die RWE-Ökostromtochter Innogy hatte vor eineinhalb Jahren 4,6 Milliarden Euro erlöst.

Das Ziel, einen liquiden Markt für Healthineers-Aktien zu schaffen und das Unternehmen in den Nebenwerteindex MDax zu bringen, werde auch so erreicht, sagte der Insider. Siemens begnügt sich damit, bis zu 15 Prozent von Healthineers an den Mann zu bringen. Das bringt - wenn die Aktien nicht allzusehr gestützt werden müssen - 3,9 bis 4,65 Milliarden Euro ein. Ein Ankerinvestor, mit dem man das Volumen hätte nach oben schrauben können, wurde daher gar nicht ernsthaft gesucht. Immerhin läuft Siemens damit auch bei einem großen, mit Aktien bezahlten Zukauf bei Healthineers nicht Gefahr, seine Mehrheit an der Erlanger Tochter zu verlieren. Denn die will der Konzern langfristig nicht abgeben.

KAESERS THEORIE BEKOMMT KRATZER



Einen Rückzieher konnte sich Siemens-Chef Joe Kaeser nicht leisten. Denn der Börsengang ist Teil seiner Strategie, aus dem schwerfälligen Konzern einen "Flottenverbund" aus eigenständigen Töchtern zu bauen. "Deshalb war man auch bereit, einen gewissen Abschlag zu akzeptieren", sagte einer der beteiligten Banker. Dabei fließt aus Erlangen künftig weniger Geld in die Münchner Konzernkasse. Statt des ganzen Gewinns muss sich Siemens mit einer Dividende von 50 bis 60 Prozent begnügen - auf 85 Prozent der Anteile.

Kaesers Theorie, dass Töchter wie Healthineers im Konzern unterbewertet sind, bekommt mit der Bewertung erste Kratzer. Die Medizintechnik-Sparte wird in der Preisspanne mit dem 11- bis 12fachen des operativen Gewinns (Ebitda) bewertet. Das ist zwar etwas mehr als beim deutlich margenschwächeren Rivalen Philips, aber weit unter den Bewertungen von Medizintechnik-Firmen aus den USA. Immerhin ist die Healthineers-Aktie als "Währung" bei Übernahmen damit mehr wert als das Siemens-Papier.

Die Emissionsbanken waren mit Bewertungen zwischen 32 und 35 Milliarden Euro schon vorsichtiger als andere Analysten, wie ein Insider berichtet. Darauf ist ein Abschlag von bis zu zehn Prozent üblich. Kritisch beäugten Anleger in den Vorgesprächen vor allem die neue Labordiagnostik-Plattform Atellica, die dem zusammengekauften Portfolio auf die Sprünge helfen soll, wie ein Teilnehmer berichtete. Doch das muss sie erst noch unter Beweis stellen. "Die Investoren sehen immer das Haar in der Suppe", sagte ein Banker. "Aber das ist weiter ein Top-Unternehmen mit einem Top-Management." Zu Wochenbeginn startete Vorstandschef Bernd Montag die Werbetour bei Fonds und anderen Großinvestoren in Frankfurt. Am Dienstag, wenn die Zeichnungsfrist beginnt, geht es nach London und dann nach New York.