Die Petition #KuToo sorgt in Japan gerade für Aufregung. Sie richtet sich gegen das Tragen von High Heels am Arbeitsplatz und bedient sich eines Wortspiels mit "kutsu" (Schuhe) und "kutsuu" (Schmerz). Aussicht auf Erfolg scheint aber nicht zu bestehen - Gesundheits- und Arbeitsminister Takumi Nemoto findet, es sei an manchen Arbeitsplätzen "notwendig und angemessen". Dies zeigt anschaulich, dass es mit den Reformen in Japan oft nur schleppend vorangeht, dass man sich allzu gern an "Traditionen" festhält.
Immerhin: An der Börse läuft es dank einiger gelungener Reformbemühungen seit Anfang 2013 besser. Dies liegt vor allem daran, dass der damals neu gewählte Premier Shinzo Abe zusammen mit dem neuen Notenbankchef Haruhiko Kuroda eine neue Ära der extrem expansiven Geldpolitik eingeleitet hat. Effekt: Der chronisch starke Yen wertete ab, und die Börsen werteten auf, weil sich die Gewinnaussichten für die exportstarken japanischen Unternehmen schlagartig verbesserten.
Kutsuu am Kabutocho
Dennoch ist der Anstieg am Börsenplatz Kabutocho auch mit "kutsuu", mit Schmerzen verbunden, weil immer wieder Zweifel aufkommen, ob die "Abenomics" genannten Reformen langfristig wirklich greifen. Das laufende Jahr ist ein gutes Beispiel dafür. Der Nikkei-Index kletterte von 19 200 Punkten auf 22 300 Zähler, um danach wieder Richtung 20 000 abzusacken.
Noch extremer der Kursverlauf bei unserem im Januar empfohlenen Favoriten Softbank. Der Kurs des Internet- und Techgiganten kletterte von 53 Euro auf fast 100 Euro und fiel anschließend bis auf 77 Euro. Anleger sollten aber nicht nervös werden und die Aktie trotzdem halten! Softbank lanciert im November einen Dienst für hochpräzise Satellitenortung. Damit bereiten die Japaner schon heute den Start der 5G-Ära vor.
Auch die damals empfohlene Sony-Aktie sollte weiter im Depot bleiben. Das diversifizierte Techunternehmen leidet immer noch unter seinem etwas angestaubten Image. Dabei wären die drei Sparten, die über die Hälfte zum Betriebsgewinn beitragen, nämlich Musik, Gaming und Bildsensoren, als eigenständige Unternehmen wohl sehr angesagt und entsprechend hoch bewertet.
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Das Problem mit der Mehrwertsteuer
Auch gesamtwirtschaftlich sieht es gar nicht schlecht aus in Nippon. So legte das Bruttoinlandsprodukt zwischen Januar und März aufs Jahr hochgerechnet um 2,1 Prozent zu - Analysten hatten mit einem Minus gerechnet. Schon im Schlussquartal 2018 war die nach den USA und China drittgrößte Volkswirtschaft überraschend gewachsen, damals um 1,6 Prozent.
Euphorie ist allerdings fehl am Platz: Zu dem unerwarteten Ergebnis trugen nämlich die schwachen Importe bei. Auch die Unternehmen investierten weniger als erhofft, und die Verbraucher schränkten den Konsum ein. Viele Experten gehen deshalb davon aus, dass Ministerpräsident Shinzo Abe die für Oktober angekündigte Anhebung der Mehrwertsteuer von acht auf zehn Prozent noch einmal verschieben dürfte. Allerdings hält Abe offiziell noch an den Plänen fest: Es müsse sich schon etwas "Dramatisches ereignen", um ihn davon noch abzubringen. Nicht ungefährlich, das Ganze: Als Japan 2014 zum bislang letzten Mal die Mehrwertsteuer erhöhte, rutschte das Land in eine Rezession.
Es ist ja auch schwer. Trotz oder gerade wegen Abenomics hat Japan mit den alten Problemen zu kämpfen. Die Staatsverschuldung ist auf deutlich mehr als das Doppelte des Bruttoinlandsprodukts angewachsen. Gleichzeitig besteht kaum Spielraum für die Fiskalpolitik, und der Anteil notleidender Kredite der Banken ist hoch. Und vor allem: Japan zählt zu den Ländern mit dem höchsten Durchschnittsalter - in wenigen Jahrzehnten wird die Bevölkerung genauso viele Erwerbstätige zählen wie Rentner. Wie das finanziert werden soll, steht in den Sternen.
Daher die Schmerzen beim Investieren. Fallende Kurse bieten aber auch Einstiegschancen. Neben Softbank und Sony ist auch Keyence interessant. Das Unternehmen gehört zu den Weltmarktführern in den Bereichen Automation und Qualitätssicherung. Zu den Produkten zählen Bildverarbeitungs- und Messsysteme, Mikroskope, Sensoren und Antistatikgeräte. Laut dem Wirtschaftsmagazin "Forbes" gehört Keyence seit Jahren zu den 100 innovativsten Unternehmen der Welt. Ein Langfristinvestment.