Eurostärke drückt
Ein ähnliches Fazit zieht Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer, nachdem bis jetzt 90 Prozent der DAX-Zwischenberichte vorliegen. "Rund 40 Prozent der Unternehmen haben unsere Erwartungen übertroffen, 44 Prozent entsprachen den Erwartungen, 16 Prozent lagen darunter", lautet Krämers Rechnung. Insgesamt hätten weniger Unternehmen positiv überrascht als im ersten Quartal des Vorjahres. "Offenbar leiden die Unternehmensergebnisse darunter, dass der Euro seit Jahresanfang gegenüber dem Dollar aufgewertet hat", sagt Krämer. "Außerdem belastet das nachlassende Wachstum in China. Für das Gesamtjahr zeichnet sich ab, dass die Gewinne der DAX-Unternehmen um knapp fünf Prozent sinken."
In den vergangenen Tagen war der DAX angesichts der Zahlenflut auf Berg-und-Tal-Fahrt gegangen und hatte zeitweise mit der 10 000-Punkte-Marke gekämpft, bevor es am Freitag wieder nach unten ging. Positive Impulse kamen beispielsweise von den Versorgern, insbesondere von RWE, das gute Zahlen vorgelegt hat (siehe Seite 34). Belastend wirkten sich aber auch Spekulationen über mögliche Übernahmen im Agrarchemiebereich aus.
Lampe-Stratege Zimmermann glaubt, dass die Quartalsberichte im weiteren Jahresverlauf allein nicht ausreichen werden, um den Leitindex signifikant nach oben zu treiben. "Die von vielen erwartete Gewinnbeschleunigung im zweiten Halbjahr und 2017 dürfte aufgrund der verhaltenen globalen Konjunktur so nicht kommen. Die Schätzungen werden wohl weiter nach unten angepasst - was immer wieder auch zu Kursrückschlägen führen sollte."
Zu den positiven Überraschungen der vergangenen Woche zählt die Deutsche Post. Dank der Fortschritte bei der Sanierung der kriselnden Fracht-sparte und eines boomenden Expressgeschäfts steigerte der Brief- und Paketzusteller seinen operativen Gewinn überraschend stark auf einen Rekordwert von 873 Millionen Euro - laut Konzernchef Frank Appel das beste Ergebnis in der Un-ternehmensgeschichte. In einem schwierigen Marktumfeld konnte der Bonner Logistik-konzern insbesondere das asiatische Expressgeschäft deutlich steigern. Das Unternehmen übertraf die Markterwartungen allerdings auch mithilfe von Sondereffekten. Eine Portoerhöhung und der boomende Onlinehandel trugen ihren Teil dazu bei.
Thyssenkrupp enttäuscht
Für eine herbe Enttäuschung sorgte dagegen der Stahlkonzern Thyssenkrupp. Sein operativer Gewinn schrumpfte im zweiten Quartal 2015/2016 (30.9.) um ein Fünftel auf 326 Millionen Euro. Wegen der Stahlkrise stampfte der Konzern auch gleich seine Jahresziele ein. Konzernchef Heinrich Hiesinger rechnet nur noch mit einem operativen Gewinn von mindestens 1,4 Milliarden Euro, nachdem zuvor bis zu einer halben Milliarde mehr in Aussicht gestellt worden war.
Der Versicherungsriese Allianz hatte bereits in der vorvergangenen Woche einen Rückgang beim operativen Quartalsgewinn um 3,5 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro vermeldet Finanzchef Dieter Wemmer hält am Ziel fest, zum Jahresende auf einen operativen Gewinn von zehn bis elf (2015: 10,7) Milliarden Euro zu kommen. Die Allianz sei auf gutem Weg, positiv zu überraschen.