Viele Anleger sehen Aktien aus dem Technologiebereich als offensive Investments. Das hat verschiedene Gründe. Die Branche ist geprägt von einem schnellen Wandel, ihre ständige Jagd nach Innovationen wirkt auf manche aggressiv. Die umfassende Nutzung des Internets gilt nicht immer als Merkmal seriöser Beständigkeit. Das Wachstum ist teils explosiv, die Bewertung vieler Aktien sportlich. Hinzu kommt die Erinnerung an die Technologieblase vor 20 Jahren, die dem Sektor lange Zeit ein schlechtes Image bescherte.
Doch Tech-Firmen haben ihr Wesen im Lauf der Jahre verändert. Gerade die Corona-Krise hat verdeutlicht, wie fundamental die Bedeutung der Branche für das alltägliche Leben ist und wie sie Grundbedürfnisse erfüllt. "Technologieunternehmen schlüpfen mittlerweile in die Rolle von ‚Versorgern‘ - viele Unternehmen, Mitarbeiter und Verbraucher können oder wollen ohne ihre Produkte und Dienstleistungen nicht mehr leben", sagt René Kerkhoff, Manager des DJE - Mittelstand & Innovation (ISIN: LU 122 757 005 5). Traditionelle Versorger sind defensive Investments par excellence, weil der Bedarf an ihren Waren und Dienstleistungen, also beispielsweise die Lieferung von Strom, Gas und Wasser, nicht von der konjunkturellen Lage abhängig ist.
Wandel der Firmen im Sektor
Diesen defensiven Charakter habe sich der Technologiesektor hart erarbeiten müssen, so Kerkhoff. Denn die Unternehmen waren weltweit durch die Dotcom-Blase im Jahr 2000 in Verruf geraten. "Heute spricht jedoch einiges dafür, dass sie inzwischen nachhaltigere und profitablere Geschäftsmodelle haben", sagt der Fondsmanager von DJE Kapital. Auf dem Höhepunkt der Dotcom-Blase hatten die Technologietitel im US-Leitindex S & P 500 ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 62, heute liegt es bei 32.
Auch am Schuldenstand zeigt sich die finanzielle Stabilität. So haben die Aktien im Technologie-Index Nasdaq eine durchschnittliche Eigenkapitalquote von 28 Prozent, die Titel im breit gefassten S & P 500 hingegen lediglich eine Quote von 22,3 Prozent. Tech-Werte sind also weniger stark verschuldet.
Viele IT-Unternehmen zeichnen sich zudem durch ihre krisensicheren Geschäftsmodelle aus. Entscheidend ist dabei der Wandel von einer Dominanz der Hardwareproduzenten hin zu einem Übergewicht des Softwaresektors. Lange Zeit wurde der Technologiesektor wegen des hohen Anteils an stark konjunkturabhängigen Hardwareherstellern zu den zyklischen Sektoren gezählt. "Diese Produzenten machten vor zehn Jahren rund 60 Prozent des globalen IT-Sektors aus, während es heute weniger als 40 Prozent sind", sagt Kerkhoff. Inzwischen wird der Markt dominiert von Unternehmen mit weniger konjunkturabhängigen Geschäftsmodellen, die etwa Software als Dienstleistung anbieten und so wiederkehrende Umsätze generieren können.